Bolinhos de Bacalhau, auch Pastéis de Bacalhau genannt, sind portugiesische Stockfisch-Kartoffel-Bällchen, die ich vor Ewigkeiten in Portugal kennengelernt habe. Die portugiesischen Tapas „Petiscos“, schmecken hervorragend zum Sundowner, insbesondere wenn sie frisch gemacht sind.


Aussen kross, innen locker, leicht faseriger Biss und mit herzhaftem Fischaroma im Abgang. Da sie so lecker sind, verbrennt man sich schnell die Zunge daran. Ein Sagres hilft immer.

Die Zutaten für die Stockfischbällchen sind alle bestens haltbar: Kartoffeln, Eier, Zwiebeln, Petersilie und der hierzulande seltene Bacalhau (Stockfisch vom Kabeljau). Am Ende des Rezepts gibt es einen Tipp, wie man ihn zu Hause herstellen kann. Viele Segler kennen diese Konservierungstechnik, die von den Wikingern stammen soll.

Was ist Bacalhau, wo kommt er her?
Bacalhau ist das portugiesische Wort für Kabeljau, meint aber meist den konservierten Fisch „Bacalhau secco“. In Spanien heisst er „bacalao“, in Italien „baccalà“. Stockfisch ist in der traditionellen mediterranen Küche nicht wegzudenken. Mich wundert das nicht, denn früher war Trocknen und Salzen die einzige Möglichkeit Fisch zu konservieren. In Deutschland ist Bacalhau schwierig zu finden, da es überall frischen Fisch und TK – Möglichkeiten gibt.

Stockfisch und Klippfisch – was ist der Unterschied?
Bei dem konservierten Fisch wird zwischen luftgetrocknetem Stockfisch (norw. Torskfisk) und eingesalzenem Kabeljau und Klippfisch unterschieden. Für die Herstellung des völlig naturbelassenen Stockfischs wird frischer Kabeljau ohne weitere Zugaben auf Holzgestängen aufgehängt und an der Luft getrocknet.
Die Trockengestelle findet man in Nordnorwegen, aber auch auf Island, den Färöern und überall sonst wo die Wikinger anlandeten. Das Nahrungsmittel wurde von den Wikingern „erfunden“ und ursprünglich für die Seefahrt hergestellt. Im Mittelalter fand der Stockfisch über Bergen in Norwegen seine Verbreitung bis ans Mittelmeer, wo er gegen Getreide und andere Produkte getauscht wurde.
Für die Stockfisch-Herstellung braucht es kalte Seeluft, Wind und Temperaturen von knapp über dem Gefrierpunkt. So ist der Kabeljau (es kann auch Lengfisch, Seelachs oder Lumb sein) vor Insektenbefall und Bakterienwachstum geschützt.

Ideale Bedingungen für Stockfisch finden sich auf den Lofoten. Durch den Golfstrom kommt es auf der Inselkette selten zu strengem Frost. Ab Januar schwimmt der Winterjau-Kabeljau in riesigen Schwärmen zum Laichen in den Vestfjord. Was nicht als Skrei verkauft wird, hat gute Chancen hochwertiger Stockfisch zu werden.
Paarweise zusammengebunden und am Schwanz aufgehängt, trocknet der Kabeljau bei Wind und Wetter. Bevor es warm wird und die Insektenschwärme des Sommers kommen, wird der Stockfisch abgehängt und für mindestens drei Monate in großen luftigen Hallen gelagert. Danach wird der brettharte Fisch nach Qualitäten sortiert, zu Bündeln gepresst, in Jutesäcke verpackt und verschifft.

Genova oder Afrika?- Es gibt viele Stockfischqualitäten
Die erste Qualität „Genova“ wird nach Italien exportiert. Sie muss eine makellose glänzende Haut ohne Verfärbungen aufweisen. Keine Frostschäden, Druckstellen oder gar Stockflecken dürfen sichtbar sein.
Danach wird in bis zu 20 Qualitätsstufen abgestuft. Die einfachsten Qualitäten werden bis nach Afrika exportiert. Verschwendet wird nichts. Sogar die Köpfe gehen für wenige Cent an Exporteure, die meist aus Nigeria kommen. Für die Menschen dort ist Trockenfisch eine günstige und lebenswichtige Proteinquelle. Strom und Kühlschränke sind in vielen Ländern immer noch keine Selbstverständlichkeit.

Wie beim Wein auch, können äußere Bedingungen die „Jahresernte“ beeinflussen oder schädigen. Auch der Klimawandel spielt mittlerweile eine Rolle. Während der Produktion verliert Stockfisch ungefähr 80% seines Wassergehalts, aber alle Nährstoffe und Vitamine bleiben erhalten. Ein Kilogramm Stockfisch entspricht fünf Kilogramm Frischfisch. Bis ein Stockfisch wieder genießbar ist, braucht es viel Geduld beim Wässern und eine tolerante Nase. Olfaktorisch sind die Stockfische sehr „anspruchsvoll“.
Eingesalzener Kabeljau – die Methoden
Etwas schneller in der Herstellung ist Klippfisch oder gesalzener Kabeljau. Beide Varianten werden zusätzlich stark eingesalzen. Dies entzieht Wasser, was die Konservierung beschleunigt. Während des Reifeprozesses bekommt der gesalzene Kabeljau einen ganz eigenen Geschmack – vergleichbar mit hochwertigem Käse oder Wein. Auf der „Codfromnorway“ Seite sind die Unterschiede im Detail erklärt. Hier geht es zum Stockfisch, hier zum Klippfisch.
Klippfisch wurde früher zum Trocknen auf Klippen ausgelegt, daher stammt der Name. Die Konservierung erfolgte durch das Salz. Heute ist die Produktion kontrollierter und findet in Hallen statt. Der Fisch reift in Salz oder Salzlake und wird danach schonend getrocknet. Das Endprodukt hat noch einen Feuchtigkeitsgehalt von 40 -50%.
Klippfisch oder gesalzener Kabeljau ist weicher. Um ihm das Salz wieder zu entziehen, muss er vor dem Verzehr nur etwa 48h gewässert werden. Der Klippfisch legt dabei bis zu 30% an Gewicht zu.

Und das waren meine Zutaten für die Bolinhos de Bacalhau:
Auf dem Etikett meines Fischs stand: „Stockfisch gesalzen“. Da das Stück elastisch war, gehe ich von Klippfisch aus. Ein solcher Fisch hält gekühlt bis zu einem Jahr.
Um den Fisch weiter zu verarbeiten, muss er vorab (bei max. 4 Grad) für etwa 48 Stunden gewässert werden. Das Wasser während der Zeit mehrfach wechseln. Nach dem Wässern wog mein Stück wieder 350 Gramm.

Die Zutatenliste für etwa 24 „Bolinhos de Bacalhau“
- 250 g Bacalhau (gesalzen)
- 2-3 mittelgroße Kartoffeln (mehlig kochend)
- 1-2 Esslöffel Olivenöl
- 1 kleine Zwiebel
- 1 Knoblauchzehe
- 2 Eier, je nach Größe
- etwas glatte Petersilie (oder Koriandergrün)
- Pfeffer aus der Mühle, Meersalz
- Muskatnuss (optional)
- Neutrales, hocherhitzbares Öl zum Frittieren (ausreichend für 2-3 cm Füllhöhe)
Die Zubereitung der Fisch-Kroketten, hier geht es weiter:



Nachdem der Fisch – wie oben beschrieben – 48 Stunden gründlich gewässert wurde, muss er 20-30 Minuten köcheln.
Danach den gegarten Fisch auf Küchenpapier legen und gut ausdampfen lassen. Haut abziehen, die Fischrippchen von den Gräten pulen. Die Fischstücke möglichst fein zerpflücken.
Während der Fisch kocht, Knoblauch, Petersilie und Zwiebel sehr fein hacken.
Die Kartoffeln kochen, gut ausdampfen lassen und stampfen. Manche Rezepte verwenden Pellkartoffeln, andere Salzkartoffeln. Das kann jeder halten, wie er will. Auch Kartoffeln vom Vortag sind geeignet.
Die Eier trennen. Eiweiss steif schlagen. Tipp: Dies lohnt sich, denn Eischnee macht die Bällchen später luftiger.
Zwiebel in einer Pfanne bei milder Hitze in Olivenöl andünsten, Knoblauch und Stockfisch hinzufügen und alles kräftig zerpflücken, bis die einzelnen Fischfasern gut sichtbar sind.
Pfeffer und Petersilie zum Schluss hinzufügen. Mit Muskatnuss abschmecken. Vorsichtig salzen, Stockfisch ist salzig.
Das Kartoffelpüree mit dem Fischbrät und dem Eigelb in einer Schüssel gründlich mischen. Mit einem Eigelb beginnen, denn die Masse sollte nicht zu flüssig werden. Bei Bedarf noch weiteres Eigelb hinzufügen. Das steif geschlagene Eiweiss zum Schluss vorsichtig unterheben.
Frittieren im Topf mit wenig Öl
Um kein Öl zu verschwenden, ist es ausreichend das Öl nur 2-3 cm hoch in den Topf zu füllen.
Öl auf etwa 170 Grad erhitzen.
Die Bolinhos mithilfe von zwei geölten Esslöffeln zu Nocken formen. Dadurch bekommen sie ihre typische Form und eine glatte Oberfläche. Wie das genau funktioniert, seht ihr in diesem portugiesischen Video. Bis auf den Eischnee ist die Zubereitung beinahe identisch. Wem der Eischnee zu aufwändig ist, lässt den Schritt weg.
Die Bällchen nacheinander ins Öl gleiten lassen. Wenn sie auf der Unterseite eine goldbraune Farbe angenommen haben, vorsichtig wenden. Mit einem Schaumlöffel herausheben und auf Küchenpapier abtropfen lassen. Nach und nach in Portionen frittieren. Am Ende hatte ich etwa 24 Bolinhos.
Tipp: Ohne Fritteuse ist es schwieriger, die Temperatur richtig einzuschätzen. Deshalb das Gas nie ganz aufdrehen, sondern auf maximal 3/4. Mit einem Holzlöffel lässt sich die Temperatur gut überprüfen. Wenn sich schnell Bläschen am Holz bilden, ist das Öl heiß genug.
Sicherheitshalber eine Krokette zur Probe frittieren. Ist die Temperatur zu niedrig, saugen sich die Bällchen zu schnell mit Öl voll.
Beim Frittieren immer aufpassen, dass das Öl nicht zu heiss wird oder zu rauchen anfängt. Ölbrand ist sehr gefährlich. Im Thai-Fish-Cakes Rezept habe ich ausführlich darüber geschrieben.

Variante: Eine schöne Variante aus der Karibik „Accras de morue“ gibt es auch bei Ninas Kochlust. Sie ist großer Stockfisch Fan. Auf Guadeloupe trinkt man dazu ab 11 Uhr Vormittags „Ti Punch“, ein hochprozentiges Rumgetränk. Auch nicht schlecht.
Werkzeuge: Topf, Sauteuse oder kleiner Topf, Schüssel, Messer, Brett, Kartoffelstampfer, Schaumlöffel, Schneebesen

Stockfisch selbst herstellen:
Falls ihr keinen Stockfisch im Handel findet, könnt ihr Bacalhau aus frischem Kabeljau oder anderem TK-Fisch selbst herstellen.
Hierzu muss ein Kilogramm frischer Fisch in einem Kilogramm Salz gepökelt werden. Den rundum bedeckten Fisch für 24 bis 48 Stunden ziehen lassen. Salz entzieht dem Fisch das Wasser und macht ihn haltbar. Abgetrocknet und abgespült ist der selbstgepökelte Fisch im Kühlschrank recht lange haltbar. Für die Zubereitung muss er wieder gewässert werden. Eine detaillierte Anleitung zum richtigen Einsalzen gibt es im neuen Effilee #44. In dem Heft geht es nur um Fisch.
PS: Wer jetzt Lust auf Portugal bekommen hat, der kann ja mal in den Bildatlas Algarve von Landyachting reinblättern. Einige kulinarische Anlegetipps habe ich mit beigesteuert. In Portugal schmeckt mir Fisch immer noch am besten.

Und zum Schluss noch etwas unappetitliches:
Im Kabeljau ist manchmal der Wurm drin. Wer mag, kann hier weiterlesen… Aber Vorsicht!
Es folgt ekliger Content:
Nach dem Garen des Stockfischs habe ich Nematoden entdeckt. Das sind unappetitliche kleine Fadenwürmer. Was tun? Meine erste Reaktion war: Alles komplett in die Mülltonne zu entsorgen.
Nach etwas Bedenkzeit erschien mir das als ein kleines „First World Problem“. Dazu muss man wissen: Fast jeder Kabeljau ist mit Parasiten befallen.

Die kleinen Würmchen werden durch die Nahrung aufgenommen. Meist leben sie in den Bauchlappen. Je schneller der Fisch nach dem Fang durchleuchtet und pariert wird, desto besser. Die befallenen Stellen werden in der Verarbeitung einfach weggeschnitten. Falls nicht sorgfältig gearbeitet wird, wandern die Würmer weiter in die Filets. Bei meinem Stück wurden die Würmchen übersehen, oder es wurde nicht kontrolliert.
Da ich den Stockfisch erst gesalzen, dann gekocht, nochmal gebraten und letztlich frittiert habe, und ich die Stelle großzügig entfernt habe, war die Gefahr ausreichend gebannt. Hoffe ich.
Trotzdem habe ich dem Captain nichts erzählt. Vielleicht liest er es jetzt. 😉
Hier gibt es noch ein paar gute Links, die ich zu diesem Thema gefunden habe. Fisch ist eben ein Naturprodukt.
Bei Munchies geht es um Sushi. Da wird es schon kritischer.
munchies.vice.com/de/article/d755kx/fast-jede-wilde-fischart-ist-mit-wurmern-infiziert-261
Und jetzt bin ich gespannt: Habt ihr schon mal Würmer im Fisch oder Sushi entdeckt? Ich hoffe, es schmeckt euch trotzdem. Die Bolinhos waren köstlich, darauf am besten noch ein Sagres.

Das sieht köstlich aus!!
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Das war es auch. Und die Küche hat gerochen wie eine Gasse in Faro…echt authentisch 😉
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Mir läuft das Wasser im Munde zusammen köstlich
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Ein ganz toller Beitrag und es schaut super lecker aus (okay bis auf die Würmer :-D)!
Das muss ich mir unbedingt merken. So kann man sich ganz leicht in den Urlaub kochen 😉
Danke für das Rezept!
Liebe Grüße
Janne von LYREBIRD
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Ok, Danke. Ja die Würmer 🐛 waren grenzwertig. Aber irgendwie ist das auch Natur, bzw. Gehört dazu. Liebe Grüße Cornelia
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Du hast recht, genauso wie Gemüse oder Obst, das nicht die perfekte Form oder Größe oder Farbe hat. Das ist Natur und das ist ja eigentlich eine wundervolle Sache 🙂
Liebe Grüße
Janne
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Ohhh, ein Stockfischrezept von Dir!! DANKE, sind in der Karibik unterwegs und dort gibt es viel Stockfisch !!! Liebe GRÜSsE !!
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Oh, zum Neidisch werden. In Hamburg zur Zeit minus 3 Grad und Windstärke 5-7 aus NO. Es ist März! Lg Cornelia
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Danke auch für die Infos und Links über die Würmer. Das sollte man wissen und dann entsprechend einfrieren und/oder erhitzen. Schönes Wochenende und viele Grüße 🙂
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Ja, ich hatte auch schon mal welche in frischem Lengfisch. Allerdings dürfte das nicht passieren. War ein guter Fischhändler. Sushi in dubiosen Restaurants bestelleich nur noch vegetarisch. Besser ist das 😉
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Dankeschön für die Tipps. Ich hatte einen Bericht über Nematoden in Tiefkühllachs gelesen. Viele Grüße 🙂
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Ach nö, nicht dort auch noch. Ich dachte, der sei sicher…? LG Cornelia
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Ich nehme so 3-8 Stück bitte =)
Würmer habe ich selbst noch nicht gehabt (oder entdeckt), aber seitdem ich da ein paar Geschichten gehört habe, esse ich keinen Schwertfisch mehr =)
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Ach Schwertfisch auch? Ich dachte, da waren es die Schwermetalle. 😉
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Die sieht man allerdings nicht so leicht 😉
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Ein toller Beitrag! Man kann immer noch etwas dazu lernen, auch über Dinge, die man schon ganz gut kennt. Ich kann mir gut vorstellen, dass Deine Bolinhos besser waren als die dortigen. Die sind oft in altem Fett frittiert… Und die Nematoden haben mich doch schockiert – meines Wissens hatte ich noch keine – aber wer weiß? Du schreibst immer so informative Hintergrundberichte. Danke dafür – und für die Erwähnung. Schöne Grüße von der Stockfischfreundin
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Danke dir. Ich glaube, da muss man sich entspannen. Auch der teure Seeteufel soll viele haben. Und mein selbstgeangelter aus dem letzten Jahr auch. Der Koch hat sich dezenter Ausgedrückt: „wir mussten einiges wegschneiden…“ trotzdem sehe ich jetzt genauer hin. Die Dinger waren zudem nicht mehr am Leben. Lg Cornelia
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Bacalhau sollte immer im Vorrat vorhanden sein. Da gibt es so viele Rezepte.
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