Bayerisches „Risotto“ mit Rucola und Bergkäse vom Chiemsee

Im Februar ging der Ausflug endlich wieder ans Meer, genauer gesagt ans „Bayerische Meer“, an den Chiemsee. Mit seiner Größe von knapp 80 km² ist der Name mehr als verdient. Spektakulär wird der See im Alpenvorland vor allem durch die Berge, die direkt dahinter beginnen und geradezu nach Berg- und Skitouren rufen.
Nach vier Jahren Zwangspause war die Freude riesig, wieder ins nahegelegene Achental zu kommen. Was habe ich die Berge vermisst, gerade wenn man im flachen und trüben Norden wohnt. Vermisst habe ich auch den Krustenbraten, die Weißwürste, die Wirtshäuser und Almen, die es zum Glück immer noch gibt.

Bayerisches Risotto: Urgetreide mit Bergkäse, Rauke und Pilzen
Die See kocht Bayerisches Risotto
Als Beilage oder Hauptgericht
Idyllische Abendstimmung am bayerischen Meer in Übersee

Noch schöner war es, zum Geburtstag ein wunderbares Kochbuch aus der Region geschenkt bekommen zu haben. Das passiert mir nicht oft, aber aus „Das Chiemgau Kochbuch“ möchte ich fast jedes Rezept nachkochen. Passend zu meinem Thema „Kochen mit nur wenigen Zutaten“ habe ich mich spontan für das bayerische „Risotto“ mit Rucola und Bergkäse entschieden.

Nach dem Rezept erzähle ich noch mehr über das Kochbuch und was ich über die Produkte und Erzeuger rund um den Chiemsee gelernt habe.

Inspirierende Rezepte und Zutaten aus „Das Chiemgau Kochbuch“
Das Körner-Risotto sieht nach wenig aus, macht aber satt
Postkartenidylle auf der Winklmoosalm

Bayerisches Risotto – konsequent regional und wenige Zutaten

Das Gericht wirkt wie ein traditionelles Essen, wie es in der Region sicher schon seit Jahrhunderten bekannt sein dürfte. Die Zutaten stammten vom Bauernhof, wurden dort kultiviert oder rundherum gesammelt. Den Bergkäse, die Sahne und die Butter lieferte das Milchvieh. Das Getreide, die Zwiebeln der Knoblauch und die Sonnenblumen wurden angebaut. Die wilde Rauke, die „Wegwarte“, wuchs, wie der Name schon sagt, am Wegesrand. Pilze sammelte man im Herbst auf Wiesen und in den Wäldern. Alpensalz wird seit Ewigkeiten in der Nähe gewonnen, das kann Steinsalz sein (z.B. aus Bad Reichenhall) oder aus Sole. Nur der Wein, Pfeffer und das Olivenöl sind ein Zugeständnis an moderne Zeiten.

Falls kein Wein zur Hand war, half sicher auch ein Helles beim Ablöschen. Anstelle von Olivenöl gab es eine große Auswahl von Hanf-, Raps-, Sonnenblumen- oder Leinöl aus den Ölmühlen oder man verwendete einfach Butter.

Der polierte Körnermix sorgt für kürzere Garzeiten

Was ist „Bayerischer Reis“?

Den „Bayerischen Reis“ habe ich im Reformhaus in Hamburg gefunden. Der Getreidemix ist eine Mischung aus den Ur-Getreiden Perl-Emmer, -Einkorn und -Dinkel. Beim Perl-Getreide wird die äußere Kornschicht leicht aufgeraut (poliert), dadurch können die Körner besser das Kochwasser aufsaugen, was die Garzeit erheblich verkürzt.

Alternativ habe ich das Gericht nur mit Einkorn gekocht, der in allen Bioläden zu bekommen ist. Obwohl Einkorn ein recht weiches Korn ist, empfiehlt es sich, bei unpoliertem Getreide die Körner über Nacht einzuweichen, weil sie sonst sehr lange brauchen, um weich zu werden. Ganz so viel Wasser wie Risottoreis saugen die Getreidekörner trotzdem nicht auf. Sie werden auch nicht so „schlotzig“ wie weißer Arborio- oder Carnaroli-Reis. Die Portionen sehen auf dem Teller klein aus, machen aber richtig satt. Das Gericht hat eine intensive goldgelbe Farbe, die an bayerisches Bier erinnert.

Unpoliertes Getreide besser einweichen, das spart später Energie
Cremig wird die Mahlzeit durch Bergkäse und Sahne

Warum das Getreide-Risotto so gut schmeckt?

Durch die Rauke, die erst ganz zum Schluss untergehoben wird, bekommt das Gericht einen Hauch Schärfe und einen kresseähnlichen Geschmack. Würziger Bergkäse und die Sahne sorgen für Cremigkeit. Die Getreidekörner behalten ihren Biss, zusammen mit den Sonnenblumenkernen schmeckt die Mahlzeit intensiv-nussig. Sogar der Captain war begeistert und das will was heißen, da er bei vegetarischen Gerichten stets das mangelnde Fleisch anmahnt. 😉

Wer abkürzen will, kann sich das Risotto-Rezept hier als Print PDF herunterladen.

Regionale Zutaten für bayerisches Risotto

Die Zutaten für zwei Portionen

  • 200 g – 250 g bayerischer Reis (alternativ: siehe Tipp)
  • 1 Zwiebel oder 2 Schalotten
  • 1-2 Knoblauchzehen (je nach Größe)
  • 2 EL Olivenöl
  • 1 kleines Glas trockener Weißwein (100 ml)
  • 0,7 l Gemüsebrühe (frisch oder Instant)
  • 3 EL Sonnenblumenkerne
  • Stück würziger Bergkäse (70 g oder mehr)
  • 2-3 EL Sahne (alt. Doppelrahm-Frischkäse
  • 1 kleiner Bund Rucola
  • schwarzer Pfeffer aus der Mühle
  • Salz

Optional:

  • Braune Champignons ca. 150 g
  • 2 Zweige glatte Petersilie (optional)
  • 1 Stück Butter (1 EL)

Tipp: Wer den „Bayerischen Reis“ nicht bekommt, kann Einkorn, Emmer, Urdinkel, Perlgraupen, Naturreis, schwarzen Reis und natürlich auch klassischen Risottoreis verwenden. Bitte die jeweiligen Garzeiten auf den Packungen beachten.

Gebratene Pilze passen hervorragend dazu

Die Zubereitung:

Sonnenblumenkerne ohne Fett im Pfännchen anrösten und beiseite stellen. Gemüsebrühe erhitzen und bereithalten (gebraucht wird ca. 0,7 l). Schalotte und Knoblauch fein würfeln.

Schalottenwürfel im Olivenöl glasig anschwitzen, Knoblauch etwas später zugeben. Getreidereis hinzufügen und umrühren, bis alle Körner mit Fett überzogen sind.

Mit Weißwein ablöschen und rühren, bis alle Flüssigkeit verdampft ist. Die heiße Brühe nach und nach zugießen und einkochen lassen, bis die gewünschte Konsistenz der Körner erreicht ist. Ab und zu umrühren und die restliche Flüssigkeit verdampfen lassen.

Rucola putzen, abtrocknen und in Stücke schneiden. Ein paar extra Stängel für die Dekoration aufbewahren. Den Bergkäse fein reiben und etwas zum Servieren beiseite stellen. Sobald die Getreidekörner weich genug sind, den geriebenen Bergkäse, 2/3 der Sonnenblumenkerne und den Schuss Sahne (oder 2 EL Frischkäse) unterrühren.

Zum Schluss noch den Rucola unterheben und mit Pfeffer und Salz abschmecken. Auf Tellern anrichten und mit dem restlichen Rucola, Sonnenblumenkernen und geriebenem Bergkäse dekorieren.

Optional: Eine Variante sind separat in Butter gebräunte Champignons. Die Hälfte der in Scheiben geschnittenen, gebratenen Pilze direkt ins Risotto rühren und mitköcheln. Den Rest mit Petersilie später über das Risotto streuen, dann bleiben die Pilze ansehnlich und knusprig.

Werkzeuge: Messer, Brett, kleines Pfännchen, Sauteuse oder Topf, Käsereibe

Anmerkung: Die Besprechung von „Das Chiemgau Kochbuch“ aus dem Christian Verlag erfolgt ohne Beauftragung und ohne Bezahlung. Ich habe es geschenkt bekommen und finde, es ist eine echte Bereicherung für meine Kochbuch-Sammlung. Auch der Biohof „Chiemgaukorn“ verdient Unterstützung, wie übrigens alle Landwirte, Produzenten, Erzeuger und Gastwirte. Regionalität und Saisonalität muss uns erhalten bleiben und braucht die Unterstützung von uns allen. Lasst euch nicht unterkriegen!

Rezept vom Bayerischen Meer: „Das Chiemgau Kochbuch“

Für das Kochbuch ist die Autorin Hannelore Fisgus mit Fotograf Ingolf Hatz durch das Chiemgau gereist und hat Wirte, Produzenten und Bioerzeuger besucht und deren Rezepte und Geschichten gesammelt. Das macht das Buch so reizvoll. Es ist nicht nur eine Rezeptesammlung, die die Handschrift eines Autors oder Kochs trägt, sondern eine Sammlung von insgesamt 67 unterschiedlicher Rezepte aus dem gesamten Chiemgau. Das können Zubereitungen vom Chiemseefischer, vom Sternekoch oder einer Alm-Wirtin sein. Für meinen Blog habe ich das Rezept vom Biohof „Chiemgaukorn“ herausgesucht, weil es in seiner Schlichtheit gut zu meinem Blog-Konzept passt. Viele der anderen Rezepte mit Wild, Fleisch, Süßwasserfisch oder Knödeln koche ich zu Hause demnächst bald nach. Dazu kommen Geschichten über die Wirtshäuser, Almen, Chiemseefischer, Bauern, Bierbrauer, die durch die Coronamaßnahmen in den letzten Jahren arg gebeutelt wurden.

Insgesamt ist es ein sehr schönes Kochbuch geworden, das Lust auf die Region macht. Nur auf die lästige * Schreibweise hätte ich verzichten können. Das Chiemgau Kochbuch ist schon 2022 im Christian Verlag erschienen.

Der Biohof „Chiemgaukorn“ im kleinen Weiler Weidling bei Trostberg an der Alz baut seit 2005 auf 180 Hektar Ackerfläche viele alte Getreidesorten im Mischfruchtanbau an. Dazu gehören Einkorn, Emmer, Urdinkel, Buchweizen, Leinsaat, Linsen, Braunhirse und vieles mehr in Bioqualität.

Auf dem Hof haben die Besitzer auch die „Bayerischer Reis“ Urgetreide-Mischung erfunden, die polierten Perl-Emmer, Perl-Einkorn und Perl-Dinkel enthält. Die Körner für den Urgetreide-Mix werden im schönen Hofladen oder im gut gemachten Onlineshop verkauft. Von der Aussaat bis zur fertig gelabelten Tüte erfolgt alles vor Ort und teilweise in Handarbeit. Es gibt auch ein schönes Hofcafé, Seminarraum und Kochkurse.

Urgetreide: goldgelbes Einkorn

Worin unterscheiden sich die Ur-Getreidekörner?

Einkorn (Triticum monococcum) ist eine der ältesten Getreidearten und war in der Bronzezeit (ab 2200 v. Chr.) weit verbreitet. Er stammt vom wilden Weizen ab und hat ein nussiges, feines Aroma und viel Rohprotein. Typisch für Einkorn ist seine goldgelbe Farbe, die von einem hohen Carotin-Gehalt stammt. Einkorn ist im Vergleich zum Kulturweizen zwar nicht besonders ertragreich, dafür gedeiht er auch auf trockenen, nährstoffarmen Böden und gilt als witterungsresistent. Aus diesem Grund wird er im ökologischen Landbau gerne ausgesät. Seine länglichen Körner sind von Spelzen umschlossen. Diese Hüllen schützen das Korn vor Umwelteinflüssen. Die Verarbeitung wird dadurch aufwändiger, weil die Körner zunächst vom Spelz getrennt werden müssen. Das ganze Korn ist recht weich und lässt sich wie Reis auch gut als Risotto zubereiten. Trotzdem ist das Einweichen bei unpolierten Sorten hilfreich, denn es verkürzt die Kochzeit.

Emmer (Triticum dicoccum), auch bekannt als „Zweikorn“, hat ein hartes Korn, das fast so hart wie Hartweizen ist. Der „Steinzeit Weizen“ liefert ebenfalls viele Proteine und Ballaststoffe. Vor 10.000 Jahren war er im Vorderen Orient überall zu Hause. Emmer ist doppelt so ertragreich wie Einkorn, er lässt sich als Beilage, für Suppen, Pfannengerichte, Salate oder auch geschrotet für Backwaren und Porridges verwenden. Polierter Emmer kann wie ebenfalls wie Reis eingesetzt werden.

Einkorn und Emmer (Zweikorn)

Urdinkel (Triticum aestivum subsp. spelta) entstand aus einer Kreuzung von Einkorn, Emmer und Wildgras und gehört auch zu den Spelzgetreiden und muss durch einen zusätzlichen Arbeitsgang von seiner Hülle befreit werden. Der leicht nussige Dinkel wird häufig anstelle von Weizenmehl verwendet. Der Urdinkel vom Chiemgaukorn-Hof ist eine besonders ursprüngliche, ungekreuzte Dinkelsorte, die für viele Weizenallergiker geeignet ist.

PS: Alle Körner gehören zu den sogenannten Süßgräsern, von denen es weltweit in allen Klimazonen 780 Gattungen und unzählige Arten gibt. Als Nutzpflanze liefert Getreide 50 % der gesamten Energie, die die Weltbevölkerung braucht, um satt zu werden. Ohne Getreide und Getreideanbau wäre die Menschheit nicht sesshaft geworden und hätte sich nicht so weit entwickelt. Neben Weizen (Triticum-Arten) sind das auch Roggen, Gerste und Hirse. Vor allem aber auch gehören Reis (Oryza sativa) und Mais (Zea mays) dazu.

Risotto aus Getreidereis bleibt viel bissfeser

Unnützes Wissen: Ich hätte es nicht vermutet, aber tatsächlich ist Mais mit rund 1.210 Millionen Tonnen mengenmäßig das weltweit am meisten geerntete Getreide. Allerdings werden nur 15% der Ernte als Lebensmittel verwendet. Der Rest wird als Futtermais angebaut oder zur Erzeugung von Bioenergie verbraucht. Nur in den traditionellen Mais-Regionen wie Lateinmerika, dient er hauptsächlich noch zur Ernährung, die größten Mais-Anbauländer sind jedoch die USA und China. Hier wird Mais zum größten Teil als Viehfutter eingesetzt.

Von den Gipfeln kann man das Meer sehen, vorerst noch das Bayerische!

Das war es schon mit dem Ausflug ans bayerische Meer. Mit dem längeren Tageslicht verspüre ich mit jedem Tag mehr eine gewisse Unruhe. Es wird Zeit, dass es wieder ans richtige Meer geht. Ich hoffe, die Ostseehäfen sind wieder einigermaßen repariert und werden demnächst wieder so schön wie in den Jahren zuvor.

7 Kommentare zu „Bayerisches „Risotto“ mit Rucola und Bergkäse vom Chiemsee

    1. Genau! Wie heißt es doch so schön: „Das Korn, der Weizen“. Bisher kannte ich ja eher „Der Korn, das Weizen“. 😉 Schön war es da unten, endlich mal Sonne. Hamburg ist im Winter so trüb, aber das schlimmste ist überstanden. Liebe Grüße Cornelia

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