Pasta mit Maronen, Pilzen und Speck – Rezept vom Landgang ins Tessin

Im Herbst ging es endlich mal wieder Richtung Süden. Die Touren führten an den Lago Maggiore, einmal nach Locarno im Tessin und beim zweiten Mal weiter südlich, nach Stresa im italienischen Piemont. Abgesehen von großartiger Landschaft ist der Herbst die Reisezeit für Genießer, überall gibt es Herbstmenüs mit Trüffeln, Steinpilzen, Wild und den allgegenwärtigen Maronen, a.k.a. Marroni oder Castagne.

Inspiriert durch die Souvenirs von einer Carrefour-Shoppingtour habe ich das Rezept „Pasta mit Maronen, Pilzen und Speck“ zubereitet. Während bei uns in Deutschland Maronen praktisch nur als Beilage zur Martins- oder Weihnachtsgans und manchmal noch als Maronen-Süppchen vorkommen, gibt es im Tessin viele andere Produkte und Rezepte aus der wohlschmeckenden Nussfrucht. Im Oktober werden die Edel-Kastanien überall mit Kastanienfesten, den „Castagnata“ gefeiert. Das Bio-Produkt sicherte über viele Jahrhunderte die Versorgung der Menschen in der Region. Mehr darüber findet ihr nach dem Rezept.

Wie immer: Wer abkürzen will und das Rezept nachkochen möchte, kann es sich hier schon als Print-PDF herunterladen.

Pasta „Castagne“ mit Maronen, Pilzen und Speck
Das herbstliche Pastagericht schmeckt auch noch im Dezember
Herbstliche Souvenirs: Kastanien-Fettuccine, Steinpilze, Guanciale und Esskastanien
Kleinere „Castagne“ aus Italien

Wie schmeckt die Esskastanie?

„Chestnuts roasting on an open fire“…, wären sie nicht so köstlich, wären sie wohl kaum Thema eines des berühmtesten Weihnachtslieder aller Zeiten. Was gibt es Schöneres, als auf einem Weihnachtsmarkt beim Maronenröster eine Papiertüte zu kaufen, die Finger daran aufzuwärmen und den süßlich-nussigen Geschmack mit dem rauchigen Holzkohlearoma zu genießen? Im Vergleich zu Reibekuchen, gebrannten Mandeln, Schmalzgebäck oder Bratwurst sind die Edelkastanien eine kalorienarme Wahl. Eine Portion von 100 g enthält nur etwa 200 kcal.

Gesund sind Kastanien auch, denn sie sind ein Naturprodukt ohne jegliche Zusätze. Laut Wiki ist die Edelkastanie eine stärkehaltige Nussfrucht. Neben vielen Kohlehydraten (ca. 30 % Stärke und Saccharose), enthalten sie hauptsächlich Wasser (50 – 60 %), Ballaststoffe (8 %), Protein (ca. 5 %) und sehr wenig Fett (bis 2 %), was sie deutlich von anderen Nüssen unterscheidet. Dafür besitzen sie jede Menge „gute Inhaltsstoffe“ wie Linol- und Linolensäure und etliche Vitamine. Leider sind sie auf den Weihnachtsmärkten immer seltener zu finden, vermutlich sind sie im Handling viel komplizierter als Bratwurst und Co. Günstig sind sie auch nicht, im Einzelhandel kostet ein Kilo um die 10 €.

Maronen gibt es in ganz Südeuropa, z.B. schwarz geröstete in Portugal

Wie lange sind Esskastanien haltbar?

Die Saison für Esskastanien ist schon fast vorbei. Sie dauert von Oktober bis Weihnachten. Es gibt sie jetzt noch auf den Märkten und im Supermarkt zu kaufen. Dabei handelt es sich um Lagerware. Um die empfindlichen Maronen für den Verkauf haltbar zu machen, werden sie für wenige Tage ins Wasserbad gegeben, um etwaige Schädlinge abzutöten. Danach müssen sie für einige Tage trocknen und werden anschließend in speziellen Kühlhäusern bei etwa zwei Grad gelagert. So bleiben die Esskastanien bis zu drei Monate haltbar, also genau noch passend für die Feiertage.

Problematisch wird es später in den Supermärkten. Hier kann man sich schnell alte Exemplare „einhandeln“. Bleiben sie zu lange in den Schütten liegen, trocknen sie langsam aus. Perfekte Exemplare sollten eine pralle, glänzende Schale haben und auf Druck nicht nachgeben. Auch zu Hause sind sie nicht lange haltbar. Am besten verarbeitet ihr sie schnell und friert das, was nicht sofort gebraucht wird ein. Auf keinen Fall sollten sie in einer Plastiktüte gelagert werden, dann können sie schnell schimmeln.

Kastanien trocken schnell ein, deshalb schnell rösten und verzehren

Welches ist die beste Garmethode für Maronen?

Um Maronen zu perfekt garen und die pelzige Haut schnell loszuwerden, gibt es eine Vielzahl von Methoden. Die Schnitttechniken sind teilweise so gewagt, dass man schon beim Zuschauen Angst um seine Finger bekommt. Mit dieser Technik bin ich am besten gefahren:

Maronen für ein bis zwei Stunden in heißem Wasser einweichen. Einige Früchte bleiben am Boden, andere schwimmen nach oben. Diese müssen aber nicht unbedingt entsorgt werden, dies ist nur ein Zeichen, dass etwas „faul“ sein könnte. In jedem Fall sind sie schon etwas getrocknet, weil sich mehr Luft zwischen Fruchtkern und Schale befindet.

Nach dem Einweichen abtrocknen und mit der flachen Seite nach unten auf ein Brett legen und links und rechts jeweils ein winziges Stück (2-3 mm) von den Seiten abschneiden. Durch die kleinen Schnitte kann man vorab schon kontrollieren, ob sie innen nicht doch bereits faul oder schimmlig sind. Die beiden äußeren Schnittkanten mit einem durchgehenden Längsschnitt verbinden.

Die Maronen in eine alte Eisenpfanne geben, die zu 2/3 mit Wasser gefüllt ist und zugedeckt für etwa 20 Minuten dünsten. Ab und zu rütteln. Dann den Deckel abnehmen, damit das Wasser verdunsten kann und die Kastanien jetzt ohne Flüssigkeit rösten können, bis sie schwarze Stellen bekommen. Danach müssten alle Schalen geöffnet sein, mit Glück fallen die goldgelben Exemplare jetzt fast von alleine aus der Schale.

Sobald sie abgekühlt sind, Maronen schälen und von der restlichen Haut befreien. Tipp: Weil verdorbene Maronen wirklich eklig schmecken und eine ganze Mahlzeit verderben können, zur Sicherheit besser an jeder einzelnen Marone schnuppern und im Zweifel eine kleine Ecke abbrechen und probieren.

Noch einfacher geht es mit fertig gegarten Maronen aus dem Beutel. Die sind eine gute und haltbare Alternative. Rechnet mit 500 g frischen Maronen, wenn ihr am Ende 200 g braucht.

Geschafft: Alle Maronen geschält
Die schnelle Nummer: „Sous vide“ vorgegarte Maronen
Süßliches Aroma: Fettuccine Maroni mit 20 % Kastanienmehl
Herbstlich: Die Zutaten für die Pasta

Die Zutaten für zwei große Pastateller:

  • 500 g frische Maronen (alt. 200 g vakuumierte im Beutel)
  • 5 Nudelnester z.b. Kastanien-Fettuccine oder Tagliatelle
  • 5 – 6 Steinpilze getrocknet (optional)
  • 50 g Guanciale (alt. Pancetta oder Südtiroler Speck)
  • 2 – 3 Kräuterseitlinge (alt. frische Steinpilze, braune Champignons)
  • 1 – 2 EL Olivenöl
  • 1 weiße Zwiebel
  • 1 Knoblauchzehe
  • 1 Rosmarinzweig
  • 1 kleines Glas trockener Weisswein
  • 100 ml Sahne (oder Kochsahne „Panna Chef“ con Funghi Porcini)
  • Meersalz, Pfeffer aus der Mühle
  • Glatte Petersilie
  • Parmesankäse oder Grana Padano
Mise en Place: Alle Zutaten gut vorbereitet

Die einfache Zubereitung:

Die getrockneten Steinpilze mit kochendem Wasser überbrühen und einweichen. Zwiebel und Knoblauch fein würfeln. Kräuterseitlinge in Scheiben schneiden. Guanciale oder anderen Speck in feine Streifen schneiden. Die fertig gegarten und geschälten Maroni grob hacken. Eingeweichte Steinpilze durch ein feines Sieb abgießen, gesiebte Flüssigkeit aufbewahren. Steinpilze mit Wasser abspülen, gut ausdrücken und fein hacken. Petersilie zupfen und ebenfalls hacken. Alles bereithalten.

Speck und Pilze knusprig anbraten

Einen ausreichend großen Topf mit Wasser aufsetzen und gut salzen.

In einer großen Pfanne die Guancialestreifen bei mittlerer Hitze langsam auslassen, danach die kleingeschnittenen frischen Pilze, gut pfeffern und etwas später 1 EL Olivenöl, Rosmarin, Zwiebel – und Knoblauchwürfel dazugeben und möglichst kross anbraten.

Sobald das Wasser kocht, die Nudeln in den Nudeltopf geben und nach Anleitung garen.

Die gehackten Maroni und Steinpilze unterrühren und alles gut durchschwenken. Mit Weißwein ablöschen, Sahne und Steinpilzwasser zugießen, umrühren und aufkochen. Mit Salz und Pfeffer aus der Mühle abschmecken.

Sobald die Nudeln al dente sind, mit einer Zange aus dem Topf direkt in die Pfanne heben. Alles gut vermengen und bei Bedarf (den wird es geben) mit noch einem Schuss Pastawasser verdünnen. Nocheinmal gut umrühren, final abschmecken, mit Petersilie bestreuen und auf vorgewärmten Tellern verteilen. Mit geriebenem Parmesan servieren.

Bei Bedarf noch etwas vom Nudelkochwasser hinzufügen

Tipp: Die Hälfte der gehackten Maronen und des Guanciale extra anbraten und später erst über die Nudeln streuen. Das sieht schöner aus, hat mehr Biss und schmeckt facettenreicher. Ich habe diesen Step beim Fotografieren der Teller vergessen.

Tipp: Maronen und Speck extra anbraten

Werkzeuge für die Kastanien: Schüssel, scharfes gezacktes Messer, Brett, alte Eisenpfanne ohne Beschichtung

Für die Pasta: Schneidebrett, Messer, feines Sieb, Nudeltopf, Pfanne, Nudelzange, Schüsselchen, Käsereibe

Und wer von Kastanien immer noch nicht genug bekommen kann, für den gibt es noch ein paar Informationen rund um das faszinierende Naturprodukt.

Die essbare Edelkastanie ist nicht mit der ungenießbaren Rosskastanie verwandt, sondern gehört zur Familie der Buchengewächse. Sie stammt aus der kaukasisch-armenischen Region und gelangte vor Jahrtausenden über Griechenland nach Italien. Die Römer führten sie bei ihren Eroberungen als Proviant mit sich und brachten sie vor über 2000 Jahren bis an die Nordseite der Alpen. Nach dem Motto, „Wo Wein gedeiht, wächst auch die Kastanie“ sorgten sie in ihren Ländereien schon bald nicht nur für die richtigen Getränke, sondern stellten gleichzeitig auch die Ernährung sicher.

Hinter den Villen von Locarno liegen die Kastanien-Pfade

Die licht- und wärmeliebenden Kastanienbäume gedeihen in den südlichen Alpentälern und in den Weinregionen nördlich der Alpen. Vom Mittelalter bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Edelkastanie somit auch im Tessin zum Grundnahrungsmittel der armen Leute, (ja, auch die gab es mal in der Schweiz.). An den steilen Berghängen war der Getreideanbau nicht möglich, Platz war knapp und die Kartoffel war im Mittelalter noch unbekannt. Die Kastanie wurde zum Brotbaum der Bergbauern, durch die späte Blüte waren die Ernten relativ sicher, Hungersnöte konnten so vermieden werden. Man sagte, dass ein Baum ausreiche, um einen Menschen zu ernähren. Ob geröstet, gebraten oder zu Mehl verarbeitet, im Schnitt verzehrte eine Person zwischen 150 kg und 200 kg pro Jahr, zusätzlich wurde mit dem Holz des Kastanienbaums geheizt und Häuser errichtet.

Kreuz- oder Längsschnitt? Hauptsache die Haut geht leicht ab

Um die extrem stacheligen Kastanienfrüchte besser ernten und sammeln zu können, kultivierte man die Bäume in parkähnlichen Selven. Diese Kastanienhaine waren damals in der Schweiz weit verbreitet. Nach der Ernte wurden die Nussfrüchte in die „Gràs“ Trockenhäuser gebracht. Im Erdgeschoss brannte ein Feuer für drei bis vier Wochen, darüber, auf einem Rost im ersten Stock, trockneten die Kastanien durch Rauch und Hitze. Danach wurden sie geschält und zu Mehl gemahlen. Über Generationen gab es oft nicht anderes als Kastaniensuppen, Kastanienbrot oder Pürees.

Das Leben in den steilen Alpentälern war beschwerlich

Der Niedergang der Kastanienkultur setzte mit der Industrialisierung ein. Die Selven verwilderten mit der Zeit, das Brot der armen Leute war nicht mehr gefragt, da es an Not und Mühen vergangener Zeiten erinnerte. Es wurde einfacher und günstiger Lebensmittel wie Kartoffeln und Mais zu bekommen.

Erst mit der Rückbesinnung auf regionale Traditionen und unverfälschte Speisen erkannte man auch den touristischen Wert für die Region. Im Tessin ist die Bevölkerung wieder Stolz auf ihre Kastanien. 2018 wurde die Edelkastanie (Castanea sativa) Baum des Jahres. Die Früchte sind zu 100 % Öko und entsprechen dadurch dem Zeitgeist. Heute sind sie nicht nur bei Allergikern, gesundheitsbewussten Menschen und Selbstversorgern beliebt, sondern auch bei Gourmets und in der Spitzenküche. Feinschmecker schätzen das glutenfreie Kastanienmehl in der Pasta, Maronen als Nudelfüllung, in Suppen, als süßliches Püree oder glasiert in Salaten, auf der Pizza und als Beilage zur Gans oder zu Wild. Aber auch Kastanienbier wird wieder gebraut, Marmeladen gekocht und aus den Blüten ein intensiver Kastanienhonig erzeugt.

Die See kocht Pasta mit Maronen
Fast wie früher: Fettuccine mit Maroni und Speck

Gefeiert wird die Kastanie ab Mitte Oktober in vielen Dörfern und Gemeinden rund um den Lago Maggiore. Die “Castagnatas” finden im Tessin (Ticino) aber auch im Piemont und in der Lombardei statt, alles dreht sich nur um ein einziges Produkt in all seinen Variationen.

Und zum Schluss noch etwas unnützes Wissen: Esskastanien sind sogenannte Plumpsfrüchte. Eichhörnchen und Siebenschläfer und Krähen verbreiten sie, indem sie Nuss-Vorräte anlegen und dann vergessen. Als Maroni bezeichnet man in Italien große Sorten mit einer oder maximal zwei Früchten pro grünem Fruchtbecher, bei den Castagne können es schon drei Exemplare in der Hülle sein, durch den Platzmangel in der Hülle sind kleiner und flacher.

Yachten an der Boje in Locarno
Beinahe Winterschlaf im Yachthafen von Ascona

Und das war es schon mit dem kleinen Landgang ins Tessin, tatsächlich wird am Lago Maggiore auch gesegelt. Wenn kein Wind weht, legt man ab und fährt zu einem Restaurant, macht an einer Boje fest, lässt sich abholen und genießt beim Essen das traumhafte Panorama. Schweizer segeln gerne rüber nach Italien, sie wissen warum, denn die Schweiz ist fast noch teurer als Dänemark. 😉

Damit wünsche ich allen frohe Weihnachten, ein tolles Festmenü und einen guten Rutsch. Vi ses 2024.

Die See kocht in der Schweiz
Über den Gotthard ins Tessin gekreuzt 😉

9 Kommentare zu „Pasta mit Maronen, Pilzen und Speck – Rezept vom Landgang ins Tessin

    1. Hallo Alex, ich würde Maronen, Rosenkohl und Speck als Beilage zur Gans machen. Die Gans fällt bei uns leider aus, dies es in der Familie meines Mannes keine Tradition hat. Und Gans für eine Person ist auch schwierig. Aber nur für sich selbst kochen, mag ich auch gerne und mahce das oft. Was wird es denn? In jedem Fall wünsche ich dir ein frohes Fest und schöne Feiertage Cornelia

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  1. Diese Kombination mag ich sehr!
    Du wirst staunen: ich bekomme hier in Thailand Marroni! Auf den lokalen Wochenmärkten, die immer wieder stattfinden, gibt es manchmal auch Marroni-Brater. Diese rösten die Kastanien in kleinen, runden (Lava?-)Steinen. Angeboten werden sie jedoch ausgekühlt, hier muss sich niemand die Finger daran wärmen! Und: sie lassen sich prima schälen!
    Mit den ersten Kastanien, die ich hier entdeckte, habe ich eine Kastanien-Consommé zubereitet. Auch nicht zu verachten.
    Mit besten Grüssen aus Fernost, Felix

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    1. Hallo Felix, ja da staune ich tatsächlich. Das tue ich bei deinen Rezepten allerdings oft, denn in den thailändischen Supermärkten gibt es mittlerweile wohl alle europäischen Zutaten. Hast du die Kastanien-consommé auf deinem Blog? Liebe Grüße Cornelia

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  2. Wundervoll. In der Pfalz habe ich sie als Keschde kennen gelernt. Dazu noch Pasta, Pilze und Speck plus eine Geschichte aus Italien. Da freu ich mich drauf und werde sie heute Abend genüsslich lesen.
    Und bald wir auch – Veneto. Diesmal schau ich nach Maroni ♥️

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