[Enthält Werbung für Bordeaux-Weine] Nirgends schmeckt das Essen und der Wein so gut wie am oder auf dem Meer – das war schon immer mein Motto und der Beginn meines Blogs. Deshalb geht unsere imaginäre kulinarische Reise mit herzhaften Garnelen-Chorizo-Spießen und Jakobsmuschel-Ceviche diesmal nach Bordeaux und an die Atlantikküste in Frankreichs Südwesten. Die Küche und die Weine sind hier vom Meer und Meeresklima beeinflusst. Man isst zum Jahreswechsel nicht Fondue, Käsefondue oder Raclette, sondern genießt Fisch, Austern, Meeresfrüchte und andere Schalentiere.


Zu allen Gerichten aus dem Meer passen die jungen, frischen Weine aus Bordeaux. Es muss auch nicht immer Rotwein sein, für das echte Barfuß-Gefühl gibt es eine Vielfalt an Weißweinen, Rosés, Clairets und Cremants zu entdecken. Dann fühlt man sich auch im trüben Hamburg gleich ein bisschen mehr wie im Bordelaise.
Der Beitrag sollte schon zu Silvester erscheinen, das hat nicht geklappt, aber die leichten Fischrezepte passen auch zu den guten Vorsätzen und helfen, sich noch mehr auf das Frühjahr und die neue Saison zu freuen. Der dauergraue Dry-January war wirklich endlos. 😉

Bordeaux-Weine – verstaubt und nur was für Weihnachten?
Bordeaux und Weihnachten gehörte für uns untrennbar zusammen. Zum jährlichen Gänseessen öffnete der Vater seinen gut bewachten Weinkeller. Chateau Latour 1er Cru, Lafite Rothschild, Margaux und viele andere große Namen waren dabei. Die Grand Crus wurden zelebriert, unter strenger Aufsicht hieß es dann, Gläser polieren, Weine entkorken, ohne die mittlerweile mürben Korken zu beschädigen. Dann mussten die Raritäten noch ausreichend atmen und temperiert werden. Nach diesen Ritualen durfte der Rotwein zur Gans vorsichtig eingeschenkt werden. Die Weine waren wirklich großartig, aber auch sehr komplex, schwer und opulent. Eine Frage nach einer dritten Flasche wurde stets verneint und die Flaschen wieder in den Keller getragen – in der Folge wuchs der Weinkeller immer weiter an. Mit den Jahren hatten viele der großen Gewächse ihren Höhepunkt bereits überschritten, im schlimmsten Fall korkten sie schon. Unser Weinkeller war für die richtige Lagerung einfach nicht perfekt – durch diese Weine mussten wir mussten dann durch, es wurde getrunken, was auf den Tisch kam. Ein unkomplizierter jüngerer Rotwein für den Spaß war im Anschluss strengstens verboten.

Dadurch standen die opulenten und „parkerisierten“ roten Bordeaux-Weine aus dem Médoc, Haut Médoc, Pauillac, Margaux, Saint-Émilion oder Pomerol für mich immer auf dem Sockel: Unerschwinglich, nicht einfach zu genießen und ganz und gar nicht alltagstauglich. An Weißweine oder Cremants aus Bordeaux dachte ich erst recht nicht.

Kurz vor dem Jahreswechsel erhielt ich noch eine Einladung des „Conseil Interprofessionnel du Vin de Bordeaux“ (Bordeaux Weinverband) zu einem Afterwork-Event. Große Lust hatte ich nicht, da ich eine versnobte Veranstaltung dahinter vermutete. Es wurde dann aber überraschend frisch und abwechslungsreich. Bei der Verkostung hatte ich die Gelegenheit die neue, junge Seite der Bordeaux-Weine zu entdecken. Cremants, Weißweine, Clairets und aber auch junge trinkreife Rotweine konnte ich verkosten. An dieser Veranstaltung war nichts verstaubt, es war locker und unterhaltsam, die Laune stieg mit jedem Schluck und darum geht es beim Weingenuss ja schließlich auch.

Was haben Bordeaux-Weine mit „Die See kocht“ zu tun?
Wie immer geht es bei mir um das Meer. Das Weinanbaugebiet Bordeaux befindet sich im Mündungsgebiet der Flüsse Garonne und der Dordogne im Département Gironde am Atlantik. Die Weinbau-Geschichte reicht hier bis zu den Römern zurück. Sie sollen im damaligen „Aquitanien“, übersetzt „am Wasser liegend“ schon Wein angebaut haben. Später wurde daraus „Au bord de l’eau“, woraus sich der Name Bordeaux, sozusagen die französische Version der „Waterkant“ entwickelte. Und wie in vielen Top-Weinbaugebieten ist die Region vom Meeresklima bestimmt. Das kommt dem Wein aber auch dem Speiseangebot zugute. Wenn es gut läuft, kann das Seafood und die Weißweine, Cremants oder Rosés vielerorts direkt in einer Strand-Cabane am Wasser und mit Blick auf das Meer genossen werden.

Leider ist meine Reise durch Bordeaux schon lange her
An die Region erinnere ich mich leider nur noch schemenhaft. Damals, in den 80er Jahren, sind wir ganz stilecht mit unserem ozeanblauen Peugeot 204 durchs hochsommerliche Bordeaux gefahren, durchquerten endlos lange Landstraßen, gesäumt von Seekieferwäldern, um an den Atlantik und nach Arcachon zu gelangen. Natürlich mussten wir trotz der Sandbestrahlung auf die Dune du Pilat klettern. Später haben wir uns dann auch getraut, frische Austern und andere Fruits de Mer zu probieren. Ans Segeln dachte ich damals noch gar nicht und auch heute habe ich es in dieser Region nicht vor. Mit unserer kleinen Waarschip 725 wäre es durch die Nordsee, den Ärmelkanal und über die raue Biskaya viel zu wild und viel zu weit weg. Wenn man sich einmal auf ein Revier festgelegt hat – in unserem Falle ist es die Ostsee in Dänemark – dann kann ich mir Frankreich auf die Schnelle nur noch kulinarisch herbeizaubern.
Nach den Rezepten gibt es noch mehr Wissen über die Weine, die ich auf dem Bordeaux Afterwork-Event gekostet habe. Wenn ich dabei kurz die Augen schließe und kann ich schon fast den Atlantik hören und riechen. Aber jetzt kommen erstmal die Rezepte.
Wer abkürzen will, kann das Print-PDF hier schnell herunterladen. Es lohnt sich aber, den langen Kurs zu segeln.


Garnelenspieße mit Chorizo – das ideale Rezept zum Rosé
Ein verblüffend einfaches Rezept sind die frischen Garnelenspieße mit spanischer Chorizo. Diese etwas andere Surf & Turf Interpretation wird in Bordeaux gerne gegessen, denn die spanische Grenze und das Baskenland sind nicht weit entfernt. Chorizo, Piment d’Espelette, kleine Paprikas sind auch hier Bestandteil der lokalen Küche.
Bei der Chorizo habe ich mich für die „Doux“ Variante entschieden. Sie passt zu dem süßen Aroma der Garnelen. Für das Rezept braucht ihr noch nicht mal das baskische Piment d’Espelette, denn Paprika ist in der roten Wurst schon reichlich enthalten. Beim Braten mischt es sich mit dem Öl und würzt die Garnelen praktisch von alleine. Ansonsten braucht ihr noch Holzspieße, Zitrone, Petersilie oder Koriander.
Ich habe Garnelen mit Kopf gekauft, weil dadurch noch mehr Aroma ins Öl gelangt, das mit Baguette schön aus der Pfanne geschabt werden kann.

Die schnelle Zubereitung:
Die Garnelen mit einer Küchenschere am Rücken aufschneiden, Schale und Darm entfernen. Für die Optik den Schwanz und optional auch den Kopf dran lassen. Die Chorizo in circa ein Zentimeter dicke Scheiben schneiden. Achtet beim Kauf darauf, dass die Garnelen groß genug sind, damit sie sich später schön um die Chorizo kringeln können.


Die Zutaten für zwei Teller (als Tapa)
- 12 mittelgroße Garnelen (am besten noch mit Schwanz, Kopf optional)
- 1–2 TL Piment d’Espelette (optional)
- 1 Chorizo Doux (etwa 100 g)
- 1 TL Olivenöl
- Meersalz, Pfeffer aus der Mühle
- 1 Knoblauchzehe (optional)
- Petersilie oder Koriander
- Zitrone, französisches Weißbrot
- 12 dünne Holzspieße, am besten auf 10–12 cm gekürzt
Die Spieße können vorbereitet werden, gebraten sind sie in zwei bis drei Minuten. Nur das Aufspießen der Garnelen erfordert etwas Sorgfalt.
Um die Spieße zu garen, eine Pfanne mit einem Spritzer Olivenöl erhitzen. Sobald das Öl heiß ist, die Spieße etwa ein bis zwei Minuten pro Seite bei mittelstarker Hitze braten. Wer mag, kann noch etwas Piment d’Espelette über die Garnelen streuen und eine angedrückte Knoblauchzehe mitbraten. Gar sind die Spieße, sobald die Garnelen rundum schön rosa geworden sind. Mit gehackter Petersilie oder Koriander bestreuen und sofort mit Zitrone und Baguette servieren.


Tipp: Die Spieße vorher auf 10 cm kürzen, damit sie sich in der Pfanne nicht in die Quere kommen. Die Chorizo verliert viel Fett, es schmeckt hervorragend, den süßlichen roten Bratensatz mit Brot aus der Pfanne zu schaben. Zu den kräftig gewürzten Spießen passt Rosé wie zum Beispiel ein kräftiger Clairet und sogar ein junger frischer Rotwein.
Frittierte Chipirons wie von der Strand-Bar
Frittierte kleine Tintenfischringe, nicht zäh, nicht ölig und mit einem großen Tintenfischanteil, wer liebt die nicht? Am besten schmecken sie in einer Strandhütte zusammen mit einem Glas Entre Deux Mers oder einem eiskalten Rosé.

Es gibt unendlich viele Rezepte. Solche mit dicker, rundum Panade und einem verschwindend geringen Fischanteil – bis zu denen, die nur eine leicht knusprige Oberfläche haben. Die mit der dicken Panade gibt es auch als TK-Produkt fertig zu kaufen. Die schmecken manchmal gut, haben mit Tintenfisch leider wenig zu tun.
Nach einigen Tests bin ich bei einem Teig-Rezept gelandet, das eine gute Balance zwischen Fisch und Panade hat. Ihr braucht dazu keine Fritteuse, es reicht, wenn das Öl circa drei Zentimeter hoch in der Pfanne steht. Der Tintenfisch wird in Portionen gebraten und auf Küchenpapier entfettet.

Für dieses Rezept habe ich Chipirons, kleine zarte Tintenfische verwendet. Mit Glück hat sie euer Fischhändler schon geputzt. Falls das noch nicht geschehen ist, müsst ihr zunächst den Kopf samt den Innereien herausziehen, danach das glasklare Skelett entfernen und die zwei langen Tentakelfäden abschneiden. Die restlichen Tentakel direkt vor dem Auge und dem harten Mund abschneiden. Danach noch die dunkle Haut abziehen und wer mag, trennt noch die kleinen Flügel vom Körper ab.
Die geputzten Hüllen der Kalmare jetzt noch innen ausspülen und vom Schleim befreien. Die Tuben abtupfen und in circa zwei Zentimeter dicke Ringe schneiden, größere Tentakel noch halbieren. Und dann kann es losgehen.

Die Zutaten (als Tapa für zwei)
- 250 g Chipirons, geputzt
- 150 ml Milch oder Buttermilch
- 100 g Weizenmehl, Typ 450 oder 00
- 2–3 EL Maisstärke oder andere Speisestärke (optional)
- 2–3 g Backpulver = ca. 1/2 TL
- Meersalz, Pfeffer aus der Mühle
- Sonnenblumenöl zum Fritieren
Den geputzten Tintenfisch in leicht gesalzener Milch oder Buttermilch für 30 Minuten oder länger einlegen. Das soll den Tintenfisch etwas zarter machen, was bei den Chipirons nicht nötig ist. In jedem Fall nimmt das Milchbad etwas von dem fischigen Geschmack weg und sorgt dafür, dass das Mehl besser haftet.
Mehl, Speisestärke, Pfeffer, Salz und Backpulver in einer verschließbaren Frischebox oder Schüssel gründlich mischen.
Den eingelegten Tintenfisch mit einer Schöpfkelle aus der Milch nehmen, abtropfen lassen und in die Mehlbox geben. Die Box verschließen und kräfitg durchschütteln, damit die Panade überall haftet und überschüssiges Mehl abgeschüttelt wird. Alternativ die bemehlten Calamari in ein Sieb geben und das Mehl abschütteln. Noch etwa zehn Minuten warten, damit die Panade etwas Feuchtigkeit zieht und derweil das Öl auf 185 Grad erhitzen (mit Holzspieß Temperaturtest durchführen). Wenn das Öl am Spieß sofort sprudelt, ist es heiß genug.
Die Tintenfische einzeln und vorsichtig ins Öl gleiten lassen. Die Pfanne mit den Tintenfischen jetzt durchweg rütteln. Sobald die Chipirons auf der Unterseite golden werden (nach etwa eineinhalb Minuten) mit einer Metall- oder Holzzange drehen und für wenige Sekunden weiter frittieren. Mit der Schöpfkelle herausnehmen und auf einem Gitter mit Küchenpapier abtropfen lassen. Krümel aus dem Öl herausfischen und sofort die zweite Portion frittieren. Die fritierten Tintenfische mit Zitronenschnitzen servieren. Auch hierzu passt ein kräftiger Rosé, Clairet oder auch ein junger frischer Rotwein.

Jakobsmuschel-Ceviche, Rezept mit handgetauchten Muscheln
Das Jakobsmuschel-Ceviche Rezept mit handgetauchten Jakobsmuscheln wollte ich schon lange probieren. Als es endlich lebende Exemplare in der Schale gab, habe ich mich getraut. Jakobsmuscheln kommen in den Küstenschelf-Gebieten der ganzen Welt vor – unsere stammten aus Nordwegen, sie werden von Hand getaucht und gelten als besondere Delikatesse. Da die Muschel in der Schale noch lebt, ist sie kein Vergleich zu den ausgelösten Exemplaren aus dem Plastik-Eimer.
Die lebenden Muscheln müssen beim Transport waagrecht bleiben, damit sie das Meerwasser nicht verlieren und austrocknen. Im Gegensatz zu den Austern sind sie einfach zu öffnen. Die Muscheln sind sogar mit einem Clip gesichert, damit sie nicht von alleine aufgehen.
Wenn ihr die Jakobsmuschel öffnet, blickt euch zunächst ein ziemliches Durcheinander an. Der rein-weiße Muskel, auch Nuss genannt, im Inneren der rötlich-braunen Schale muss behutsam freigelegt werden. Das nussige, leicht süßliche Muskelfleisch gehört zu den begehrtesten Delikatessen des Meeres. Tipp: Essbar ist auch der feste orangefarbene Rogensack (Corail) in der Muschel, er hat einen intensiven Meeresgeschmack.
Bei der Zubereitung habe ich mich an mein Ceviche Clásico Rezept gehalten und mit den Zutaten ergänzt, die ich noch im Hause hatte.


Die Zutaten für zwei als Vorspeise
- 2 frische Jakobsmuscheln mit Schale
- 1 Maracuja oder Passionsfrucht
- 1 kleine rote Zwiebel oder Schalotte
- 1/2 frische gelbe Chili, „Aji“ im Original (alt. rote Chili)
- 1 kleine Limette
- frische Korianderzweige
- 1/2 Orange (optional)
- 1 EL Olivenöl extra vergine
- Hellgrüne Sellerieblättchen (optional)
- Meersalz & Pfeffer aus der Mühle
Die Zubereitung: Die ausgelöste Jakobsmuschel waagerecht in drei bis vier Scheiben schneiden und den Corail halbieren. Muschelfleisch in eine Schüssel geben und leicht salzen. Maracuja halbieren, Kerne durch ein feines Sieb streichen und den Saft auffangen. Einen Teelöffel Maracujakerne beiseitelegen. Limette auspressen, Orange über der Schüssel filetieren und den dabei entstehenden Saft auffangen. Muschelfleisch mit den Säften und Orangenfilets mischen und für drei bis fünf Minuten ziehen lassen. In der Zwischenzeit Chili fein hacken, rote Zwiebel oder Schalotte in dünne Streifen schneiden. Koriander und optionale Sellerieblättchen waschen, hacken und mit den Zwiebelstreifen zu den Muscheln geben. Olivenöl und Maracujakerne unterrühren, mit Pfeffer und Salz abschmecken und sofort in der gereinigten Schale servieren.
Tipp vom Fischhändler: Falls ihr keine guten Jakobsmuscheln bekommt, könnt ihr auch Seeteufelbäckchen verwenden, diese können roh verzehrt werden, denn sie enthalten keine Parasiten. Um ganz sicher zu gehen, könnt ihr diese auch für 24 Stunden bei –20 Grad einfrieren.

Doch was wäre die Atlantikküste ohne Austern?
Absolutes Lieblingsessen der Bordelaiser sind in der Weihnachtszeit Austern. Während man bei uns mit Glück vielleicht drei bis vier Sorten findet, genießt man hier wirklich lokale Sorten aus dem Bassin von Arcachon. Ebenso wie die Weine, haben die Austern hier unterschiedliche Terroirs, die sich auf den Geschmack auswirken.

So baden die Austern von den Sandbänken der „Banc d’Arguin“ am Fuße der Dune du Pilat, vor dem Bassin von Arcachon, noch im frischen Wasser des Atlantiks. Dieses Terroir verleiht den Austern einen kräftigen, atlantischen Geschmack, mit leicht süßlichen Aromen in Kombination mit einer samtig-cremigen Struktur.
Die Austernbänke vor der „Halbinsel Cap Ferret“ am westlichen Eingang des Bassins sind starken Strömungen ausgesetzt. Meerwasser vom Atlantik mischt sich bei Ebbe und Flut hier mit dem Wasser des Bassins. Diese Einflüsse ergeben knackige Austern mit Aromen von Meer, Seetang, frischen Mandeln und einem Hauch grüner Früchte.
Das Gebiet „Le Grand Banc“ liegt vor der „Ile aux Oiseaux“ mitten im Bassin von Arcachon. Austern von der „Grand Banc“ schmecken fest, fettig, leicht nach Mandeln und duften nach Minze, Zitrus und Algen. In den charaktervollen Austern von der „Vogelinsel“, dem größten und ältesten Zuchtgebiet des Bassins, macht sich der Waldeinfluss und das Wasser des Leyre Deltas bemerkbar. Die Aromen erinnern an Sellerie, Pilze, Blätter und feuchte Erde und haben einen eher „rustikaleren“ Gaumen.

Tipp: Um die Austern wirklich zu schmecken, lasse ich mittlerweile alle Zutaten und auch die Zitrone weg. Schlürfen und schlucken wäre eine Schande, die in den Dschungel gehört. Austern sollten gründlich gekaut werden, erst dann lässt sich das Terroir schmecken. Mehr Wissen über Austern findet ihr hier.
Ganz gewiss haben die Sommeliers in den Restaurants zu jeder Auster ihre spezielle Empfehlung, denn auch bei den Weinen spielen die Terroirs eine maßgebliche Rolle. Zu meinen Austern war ein Cremant eine sichere Wahl.
Es tut sich viel bei den neuen Bordeaux-Weinen
Irgendwann sind die Bordeaux-Weine auch Opfer ihrer eigenen Berühmtheit geworden. Wie Eingangs erwähnt, standen sie bei mir nicht ganz oben auf der Wunschliste. Auf der Suche nach einer Weinbegleitung zu Fisch und Seafood denke ich nicht automatisch an Bordeaux. Und auch in der Gastronomie müssen die Sommeliers ihren Kunden immer wieder neue Weine präsentieren. Das können kleinere Produzenten, neue Rebsorten, mehr Nachhaltigkeit oder neue Wein-Regionen sein. Durch den Klimawandel wird Weinanbau sogar in Regionen wie England, Norwegen oder Dänemark möglich. Im Bordeaux macht man sich deshalb Gedanken und handelt.

Neues wagen, gelingt natürlich am besten, wenn man auf eine fast 2000-jährige Tradition zurückblicken kann und Weine in der berühmtesten Weinbauregion der Welt mit ihren insgesamt 65 A.O.C.s (Appelations d’Origine Contrôlé) kultivieren kann. Überraschenderweise waren es ab dem 12. Jahrhundert die Engländer, die den Weltruhm begründeten. Die Seefahrt spielte wie so oft die Hauptrolle. Handelshafen war die Stadt Bordeaux – eine der schönsten Weinstädte der Welt – von hier wurden die Weine über die Biskaya bis nach England verschifft. Große Handelshäuser wurden gegründet, erst der Export über den Seeweg sorgte für die internationale Berühmtheit.
Wer Bordeaux sagt, denkt heute fast immer noch automatisch an Rotwein. Typisch für den Bordeaux sind die Cuvées, was man hier poetisch als Marriage (Vermählung) oder Assemblage bezeichnet. Traditionell reifen die großen Gewächse in 225-Liter-Eichenfässern. Diese jahrhundertealte Technik macht die Weine lange lagerfähig und sorgt für das typische Geschmacksprofil mit Aromen von Vanille, Gewürzen, Tabak oder Röstaromen, was den Genuss dieser Gewächse mitunter anstrengend, opulent und vor allem kostspielig macht.
Nach wie vor bleiben die exklusiven Lagen unerreicht und begehrt. Mit wachsendem Wohlstand weltweit wuchs das Interesse an französischem Savoir-vivre und Luxusprodukten aus Frankreich. Schon lange sind die statusorientierten Chinesen auf den Geschmack der Grand Crus Classés gekommen. Sie kaufen nicht nur ganze Jahrgänge im Voraus auf, sondern investieren mitunter auch gleich in ganze Chateaux. Neben China werden die großen Gewächse vor allem in die USA, nach Belgien, Japan oder nach Großbritannien exportiert.
Bei jüngeren Weintrinkern und Erzeugern geht der Trend mittlerweile zu fruchtigen und nicht zu holzbetonten Weinen. Die Weinbauern keltern heute fruchtigere und geradlinige Weine, die schneller trinkbar und nicht so kostspielig sind. Trotz des Wandels ist Bordeaux immer noch die bedeutendste Weinregion Frankreichs und die Winzer denken voraus.
Heute gibt es im Bordeaux kaum noch einen Erzeuger, der nicht nachhaltig und umweltbewusst handelt. Nach Angaben des Fachverbandes der Bordeaux-Weine (CIVB) tragen seit 2020 mehr als 75 % der Weingüter ein oder mehrere Umweltsiegel und sind für Anbau und Handeln im Sinne des Umweltschutzes zertifiziert worden.
Dabei geht es den Machern nicht um einfaches „Greenwashing“ – bei den Akteuren spürt man den Drang und die Motivation ihre Region fit für die Herausforderungen der Zukunft zu machen. Zum Handeln zwingt auch der spürbare Klimawandel. Zu trockene Sommer, Hitze oder später Frost sind Herausforderungen, denen sich die Weinmacher in Bordeaux stellen müssen. Dies bedeutet, knappe Wasser- und Energieressourcen besser zu bewahren, die sensiblen Ökosysteme zu schützen und sich aktiv für die Artenvielfalt einzusetzen, was eine Verringerung oder Verzicht auf Pestizide ermöglicht.
Um sich dem veränderten Klima anzupassen, wurden in Bordeaux neue Rebsorten zugelassen. Arinarnoa, Castets, Marselan und Touriga Nacional bei den Rotweinen; Alvarinho und Liliorila sind es für die Weißweine. Diese Sorten trotzen den veränderten klimatischen Bedingungen und sorgen mit maximal 10 % Beimischung in den Cuvées dafür, dass das typische Geschmacksprofil der Bordeaux-Weine erhalten bleibt. Die Weine der Zukunft sollen weniger Gerbstoffe und dafür mehr Frucht und Geschmeidigkeit bekommen, die Holznote und der Schwefelanteil wird zurückgefahren, bei manchen Weinen kann sogar ganz auf Schwefel verzichtet werden – der Kopf dankt es am nächsten Morgen. Die neue Generation baut die Weine nicht mehr nur in Holzfässern aus, sondern auch in Stahltanks, Beton oder Amphoren, auch neue Cuvées sorgen für zeitgemäßere Weine.

Heute geht es um Weißweine, Rosés und Cremants
Neben den berühmten Rotweinen werden in der Region auch hervorragende Weißweine produziert. Die Weißweine, Rosés und Cremants profitieren von den frischen, westlich wehenden Atlantikwinden und der großen Vielfalt der Terroirs.
Bekannt sind die eher jungen, unkomplizierten Entre Deux Mers, aber auch die großen Weißweine aus Graves. Die Bezeichnung Entre Deux Mers (zwischen zwei Meeren) stammt von der Lage auf der Landzunge zwischen den Flüssen Garonne und Dordogne. Die Böden sind hier überwiegend wiegend ton- und kieshaltig, die Steine speichern die Wärme des Tages und geben sie in der Nacht wieder ab, was für die Reben von Vorteil ist.
In der Stilistik lassen sich die Weißweine in zwei Charaktere unterteilen. Aus der AOC Entre Deux Mers kommen fruchtige und junge Weine mit Aromen von Zitrone, Stachelbeeren oder Grapefruit. Die Rebsorten Sauvignon Blanc und Sémillon sorgen für den Charakter, andere Trauben können zu kleineren Teilen beigemischt werden. Diese Weißweine passen als Aperitif, zu Meeresfrüchten wie Austern und gegrilltem Fisch.
Der zweite Weißweinstil ist strukturierter und kraftvoller. Diese Weine werden häufig in Eichenholzfässern ausgebaut, am bekanntesten sind die Weine aus der AOC Graves. Aus der kleineren AOC Pessac-Léognan stammen die besten Weißweine des Bordelais. Mit blumigen Aromen von Zitrusfrüchten und exotischen Früchten und sehr feiner Holznote passen sie zum Aperitif, zu Fisch mit Saucen aber auch zu Käse. Diese Weißweine sind länger haltbar.
Eine Besonderheit sind die im Bordeaux beliebten dunklen Roséweine die sogenannten Clairets (eng. Clarets), die ich noch noch gar nicht kannte. Sie entstanden im 12. Jh., als die Region noch unter dem Einfluss der englischen Krone stand. Die Rotweintrauben Merlot, Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc gären für die Clairets länger als bei den klassischen Rosés. Das Ergebnis ist ein intensiver, strukturierter und hellroter Wein, der gut gekühlt getrunken werden muss.
Natürlich sind auch die hellen, frischen Roséweine und die Cremants immer einen Versuch wert. Sie passen zu fast allen Fischgerichten und einfach nur so. Am besten schmecken sie auf oder am Wasser, womit sich der Kreis wieder schließt.

Blogger Transparenz: Der Beitrag ist mit Unterstützung von Vin de Bordeaux entstanden, die mich im November zu dem Bordeaux-Afterwork Event ins Hamburger Restaurant „Wolfs Junge“ eingeladen hatten. Dort konnte ich junge Winzer kennenlernen und die Weine verkosten. Für den Beitrag habe ich einen Clairet von Château Penin, einen frischen Entre Deux Mers vom Château Nardique und einen cremigen Graves Château Les Oiseaux de Chantegrive zugesandt bekommen. Die intensiven Clairets passen zu den herzhaften Shrimps, die weißen Entre Deux Mers, aber auch die Cremants eignen sich perfekt für Austern und Fisch. Den Graves und den Clairet muss ich noch probieren. Jetzt wo ich den Dry-January gut überstanden habe, kann es wieder losgehen. Ich freue mich schon riesig drauf. 😉

Ich knie‘ nieder! Wie unglaublich toll!
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Wunderbar beschrieben und dargestellt. So schön. Aber nicht zu viel in die Weine an Bord schauen sonst geht es gegen die Küste – niemand wird sich erinnern wie das passieren konnte.. Grüsse tom
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Süper Artikel und ein schönes Rezept dazu!
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