Das Rezept für „Orecchiette con Cavolfiore“, übersetzt Blumenkohl mit Öhrchennudeln, stammt aus Apulien. Schon der Blick auf die kurze Zutatenliste verspricht, dass es sich perfekt für die Bordküche eignet. Ausgegraben habe ich die Anleitung aus einem alten Kochbuch „Die Kultur der italienischen Küche, ein Begleiter durch 20 Regionen“. Das Buch stammt aus der Bibliothek meiner Eltern. Bei solchen Fundstücken werde ich hellwach.

In den alten Büchern ist die Fotografie und das Food-Styling eher zweitrangig. Manchmal fehlen Fotos ganz. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Zubereitung und den Erklärungen. Alle Rezepte sind funktionierende Klassiker. Authentische Küche bedeutet überlieferte Rezepte und meist nur wenige, regionale und saisonale Zutaten. Viele dieser Produkte sind lange haltbar, auf traditionelle Art konserviert oder sie lassen sich selbst herstellen, wie die wunderbaren kleinen „Ohrennudeln“, die Orecchiette.

Woher stammen die Orecchiette?
Die hütchenförmigen Nudeln stammen ursprünglich aus Bari in Apulien. Sie werden dort mit viel Liebe in Handarbeit geformt. Werkzeuge sind der Daumen und ein kleines Messer. Anschließend trocknet die frische Pasta auf Gittern in der Sonne. Die Nudelmacherinnen in den Gassen von Bari sind eine Touristenattraktion. Aus Gründen der Haltbarkeit werden Orecchiette ohne Eier, nur aus Mehl (Hartweizengrieß), Wasser und Salz hergestellt. Am Ende des Rezepts findet ihr eine ausführliche Anleitung zur Pastaherstellung. Mir sind die „Öhrchen“ nur leidlich gut gelungen, da mir die Begabung und die Erfahrung einer italienischen Nonna fehlt.
Nützliches Wissen: Orecchiette wird Orekiätte ausgesprochen, die Betonung liegt auf der vorletzten Silbe auf dem „i-ä“. Übersetzt bedeutet der Name „kleines Ohr“. Die zweite wichtige Zutat ist der Cavolfiore, der Blumenkohl.

Blumenkohl „Cavolfiore“ – Kindheitsschreck oder gesundes Gemüse?
Der Blumenkohl, auch Karfiol, italienischer Kohl oder Cavolfiore genannt, gehört zur Kohlfamilie. In seiner Urform stammt der Kohl aus Kleinasien. Seit dem 16. Jahrhundert wird er in Europa angebaut. Über Italien verbreitete er sich nach Frankreich und ins restliche Europa.
In Deutschland dauert die Freiland-Ernte des Blütengemüses vom Frühjahr bis zum späten Herbst. Frischer Blumenkohl ist gesund, er schmeckt zart und mild. Idealerweise ist der weisse Blütenkopf fest und geschlossen. Die frischen grünen Blätter, die ihn schützend umgeben, sind ein gutes Merkmal für Frische. Fehlen sie bereits, wäre ich beim Einkauf zurückhaltender.

Blumenkohl hält sich ungewaschen, kühl und dunkel in Papier gelagert, bis zu einer Woche.
Falls er etwas schlapp geworden ist, kann er im Wasserbad wiederbelebt werden. Dazu ein Stück vom Strunk abschneiden. Besser ist es allerdings, das Blütengemüse frisch einzukaufen, da er irgendwann muffig schmeckt.
Naher Verwandter des Kohls ist der Romanesco und der Brokkoli. Brokkoli mag ich gar nicht. Den hellgrünen Romanesco dagegen sehr. Er ist ein Wunderwerk der Natur mit seinen fraktalen spiralförmigen Strukturen. Blumenkohl gibt es seltener auch in violett, grün oder gelb-orange. Rustikaler wird es mit dem bei uns noch eher unbekannten Cima di rapa.
Orecchiette mit Cima di rapa (Stängelkohl)
Auch wenn ich das heutige Gericht mit Blumenkohl zubereite, so wird es in der ganz traditionellen Küche mit Cima di Rapa gekocht. Diese rustikale Kohlsorte ist bei uns schwer zu finden. In Italien, vor allem in Apulien und Kampanien, ist er weit verbreitet. Der Stängelkohl ist ein typisches Wintergemüse. In Deutschland wird er ab und zu bei türkischen Gemüseläden angeboten. Stängelkohl ist mit dem Brokkoli verwandt, schmeckt aber herber. Sobald ich ihn im Herbst auftreibe, koche ich das Gericht noch einmal.
Aber egal für welche Kohlsorte ihr euch entscheidet. An restlichen Zutaten braucht es nur noch Sardellenfilets, Knoblauch, Chili, Pfeffer, Meersalz und gutes Olivenöl. Während an der Küste traditionell mehr Sardellen verwendet werden, nimmt der Gebrauch von Chili im Landesinnern zu. Meine Version – angelehnt an das Kochbuch – wäre somit Mare e Monte. Und das sind die Zutaten:

Zutaten: Apulische Orecchiette mit Cavolfiore (zwei Personen)
- 250 g Orecchiette (gekauft oder frisch gemacht)
- 1 mittlerer Blumenkohl
- 4-5 EL gutes Olivenöl, extra Vergine
- 4 Sardellenfilets in Öl (alt. Sardellenpaste)
- 1 getrocknete Peperoncini (mittlere Chilischote)
- 1-2 Knoblauchzehen
- Meersalz, schwarzer Pfeffer aus der Mühle
- Einige Zweige Glatte Petersilie



Hier geht es zur Zubereitung:

Den Blumenkohl entblättern und in kleine Röschen zerpflücken. Größere Strünke entfernen. Die kleinen Röschen gründlich waschen. Einen mittleren Topf Wasser zum Kochen bringen und mit Meersalz salzen. Die Knoblauchzehe mit dem Messerrücken kurz andrücken, pellen und im Ganzen zum Kochwasser geben. Geputzten Blumenkohl hinzufügen und für drei Minuten kochen. Der Blumenkohl soll knackig bleiben.
Nach den drei Minuten die Röschen mit einer Schöpfkelle aus dem Wasser heben und gut ausdämpfen lassen. Das Wasser wird noch für die Nudeln gebraucht, nicht reflexhaft wegschütten. Knoblauch entfernen und wegwerfen.
Die Sardellen grob hacken. Wer eingesalzene Sardellen verwendet, sollte das Salz vorher abspülen.
Das Wasser wieder aufkochen. Petersilie fein schneiden. Peperoncini hacken oder in der Gewürzmühle zerbröseln.
Reichlich gutes Olivenöl in einer Pfanne oder Sauteuse auf mittlere Stufe erhitzen und wieder vom Feuer nehmen. Die Sardellenfilets hineingeben, mit der Gabel zerdrücken und in der Resthitze schmelzen lassen. Bereit halten.
Die Nudeln ins kochende Wasser geben und „al dente“ garen. Bei frischen Nudeln dauert das etwa fünf Minuten. Bei trockenen Nudeln um die zwölf Minuten (Packungsanweisung beachten). Wenn die Orecchiette den richtigen Biß haben, herausheben, abtropfen lassen und zu dem Sardellenöl geben.
Pfanne wieder auf das Feuer stellen (mittlere Hitze). Blumenkohl hinzufügen. Mit Peperoncino, Pfeffer und Salz würzen und alles gut vermischen. Für fünf Minuten durchschwenken. Gehackte Petersilie ganz zum Schluss unterrühren. Wer mag, träufelt noch etwas frisches Olivenöl darüber.
Sofort servieren. Traditionell wird das Gericht ohne Käse serviert.
Werkzeuge: Topf, Pfanne oder Sauteuse, Gewürzmühle, Schale, Messer, Brett

Orecchiette selbst gemacht- so gelingen die Öhrchen Nudeln
Um es vorweg zu sagen: Wer glaubt, in wenigen Stunden die Fähigkeiten einer italienischen Nonna zu erlangen, dem wünsche ich fröhliches Scheitern. Selbst Tim Mälzer durfte in seiner Sendung „Kitchen Impossible“ gnadenlos Schiffbruch erleiden. Dabei sehen die Youtube Videos so einfach aus. Die Tücke steckt im Detail und im verwendeten Mehl.
Laut meinem italienischen Kochbuch sollten eine Tasse Hartweizengrieß mit zwei Tassen Mehl und einer Tasse Wasser zu einem elastischen Teig verknetet werden. Manche Rezepte mischen Weizenmehl und Hartweizen im Verhältnis 1:1. Andere verwenden ausschließlich original italienischen Hartweizen. Das Verhältnis Mehl zu Wasser ist fast immer 2:1. Dazu kommt nur noch eine Prise Salz. Viele Wege führen also nach Apulien.
Anschließend muss der Teig ruhen. Mindestens für ein paar Stunden, besser noch über Nacht.

Es ist verwirrend. Bei der Wahl des Mehls können die ersten Fehler passieren. In Deutschland gibt es Typ 405 oder 550, in Italien verwendet man Typ 00. Dieser Mehltyp enthält mehr Klebereiweiß, das den Teig elastischer und die Pasta lockerer und kochfester macht.
Es gibt spezielle Pastamehle aus Hartweizengrieß wie zum Beispiel „Semola di Grano Duro“ von Cecco. Ich fand das Mehl mit 5€ pro Kilo deutlich überteuert.
Gehen wir davon aus, dass ihr das perfekte italienische Pastamehl gefunden habt und alles gut im Verhältnis 2:1 Mehl zu Wasser verknetet habt. Wichtig dabei ist, dass ihr den Teig mit beiden Handballen immer wieder zusammenfaltet und knetet. So erhaltet ihr einen elastischen Teig, der nicht mehr klebt.
Und so entstehen die Orecchiette:
Ihr braucht ein großes Brett oder eine stabile und saubere Unterlage. Sowie ein Backblech oder Backpapier, um die Nudeln später zu trocknen.
Vom ausgeruhten Teig ein eigroßes Stück abschneiden. Das Teigstück mit beiden Händen ringfingerdick ausrollen und in Stücke von einem Zentimeter Länge schneiden.

Jetzt wird es schwierig: Mit Hilfe eines runden Küchenmessers das Teigstück mit sanftem Druck und Fingerspitzengefühl auf der Unterlage zu sich heranziehen. Durch den Druck des Messers, wölbt sich der Teig um die Messerspitze herum. Die typischen Ränder entstehen. Nicht zu fest drücken, damit der Teig in der Mitte nicht reisst. Das Stück ist jetzt länglich und in der Mitte gekerbt. Mit dem Daumen vom Messer abziehen und umstülpen. Durch den Druck des Messers ist der Teig innen etwas aufgerissen. Nach dem Umstülpen zeigt die raue Seite nach oben. An der rauen Seite haften Soßen besser. Es heißt, die kleinen Hütchen sehen aus wie kleine Ohren, meine Werke erinnern eher an…aufgerollte Kondome.
Die Öhrchennudeln einzeln zum Trocknen auf Backpapier oder ein bemehltes Blech legen. Wenn die Sonne scheint, trocken die Orecchiette in zwei bis drei Stunden. Am besten einmal wenden.

Wer viel übt, hat irgendwann den Bogen raus, spätestens nach 70 Jahren, wie die italienischen „Nonne“ uns beweisen. Ich habe für einen kleinen Teller Nudeln eine halbe Stunde gebraucht, was nicht effizient ist. Die Nudeln haben ihre Form verloren, weil mein Teig zu elastisch war. Ich vermute, es lag am Mehl. Das Gericht habe ich dann mit gekauften Nudeln zubereitet.
Trotzdem bin ich neugierig: Macht ihr eure Pasta selbst? Was sind eure Erfahrungen mit dem Mehl? Welche Sorte verwendet ihr? Habt ihr Tipps, wie der Teig besser gelingt.
Zum Abschluss verlinke ich ein Youtube Video. Hier stülpt die Nonna die Orecchiette so schnell um, dass es eine extreme Zeitlupe braucht, um den Vorgang zu erkennen.
Und als Nachschlag das Rezept „Orecchiette Cime di Rapa“ bei „Living at home“. Sehr schön fotografiert.

Hier kommt der Sofortkommentar:
Toll! Danke! (Stör doch nicht immer bei der Arbeit!)
Ich werde die Orecchiette nicht selbst machen, ganz klar, und als Abwandlungskünstler muss ich mir wohl eine andere Sorte Nudeln suchen, aber es ist ein wunderbares Rezept.
Erinnert mich daran, dass Maltagliati mit Linsen mal wieder mal fällig wären (dito nach einem italienischen Familienrezept).
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Was ist Maltatgliati?
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Maltagliati heißt übersetzt: „schlecht Geschnittene“.
Das sind Nudelabschnitte, Überbleibsel von der Tagliatelle-Produktion. Wir waren in Kenya bei italienischen Freunden an dr Küste, die das servierten. Auch so eine Art arme-Leute-Nudel.
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Ok, danke, mit ein wenig italienisch Kenntnissen, hätte ich mir das irgendwie auch denken können…😜LG Cornelia
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Liebe Cornelia, die Kombi Nudeln / Blumenkohl finde ich erstmal gewöhnungsbedürftig. Und dann gibt’s noch nicht mal Parmeggiano dazu? Aber wahrscheinlich geben die Sardellen dem Gericht den besonderen Pfiff. Kommt auf meine Ausprobierliste!
Liebe Grüße, Martina
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Liebe Martina, durch die Sardellen und den Chili bekommt das fast schon etwas Asiatisches. Jedenfalls schön scharf und salzig. Wer möchte, kann natürlich Parmesan oder Pecorino darüber raspeln. Ich fand noch einen Schuss Olivenöl extra vergine super. Lg Cornelia
Ps: heute wird es stürmisch, seid ihr noch im Wasser. Wir haben ja wieder das Problem mit unserem Heimtörn… wie jedes Jahr.
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Bei uns ist am 10.10. Krantermin. Ja, für heute gibt’s schon eine Sturmwarnung. Der Start für die Silverrudder-Regatta ist auf morgen verlegt worden. 😳
Vielleicht fragt Ihr tatsächlich mal bei Holger Jensen in Nordborg an, ob er noch einen freien Platz für Euer Boot im Winterlager hat. Dann könntet Ihr Euch den Stress mit der Überführung sparen.
Schönes Wochenende!
Martina
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Liebe Martina, das wäre praktisch. Normalerweise ist der Heimtörn schön, gerade in der Schlei, wir verpassen nur immer wieder den Schönwetter Slot. ich bin gespannt, ob es heute wirklich so stürmt. Zur Zeit ist es noch sommerlichen HH, aber es zieht sich zu. Für heute Abend freue ich mich jedenfalls schon auf Rotwein. Der Herbst hat auch schöne Seiten. Euch ein schönes Wochenende. LGC
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Moin aus Ostfriesland,
danke für dieses Rezept, ich kenne bisher nur Pasta mit Brokkoli und Spinat.
Aber die Zusammenstellung von Blumenkohl und Sardellen macht neugierig.
Dazu Chili und Knoblauch und feines Olivenöl …
Da brauchen wir keinen Parmesankäse 🙂
Windige Grüße von der Nordseeküste,
Margot
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Moin nach Ostfriesland, liebe Margot. Ich vermute, Brokkoli schmeckt ganz ähnlich. Die Sardellen machen es spannend, ähnlich wie thailändische Fischsauce geben sie dem Gericht den Kick. Und schön scharf muss es sein. Liebe Grüße Cornelia
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Ich habs nachgekocht, weil gerade noch einen frischen Karfiol(Blumenkohl) im Garten gefunden habe. Es schmeckte wunderbar. DANKE für die Anregung und einen lieben Gruß!
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Na das freut mich aber. Eigenen Blumenkohl zu haben, ist natürlich ein Luxus. Grüße zurück. Cornelia
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Das zweite Bild ist toll-Ton in Ton, aber ganz klar und deutlich. Ebenso klar warum kein Käse gebraucht wird. Ich sehe eine Dreieckspackung mit Sardellen-was für eine Marke ist das? Die sehen super aus!
LG Alex
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Hi Alex , die Marke weiß ich nicht mehr, die Sardellen wurden in Aspra auf Sizilien produziert. Gekauft habe ich sie ganz banal bei Edeka. Die hatten im Sommer so eine Promotion für italienische Produkte. Ich glaube, nicht im Dauersortiment. Das Gelb kommt in erster Linie vom Olivenöl. Das ist sehr intensiv. Und meine Kamera kippt bei direktem Sonnenlicht immer ins gelbliche. Habe wohl nicht genug gelb im Photoshop entfernt…. Lg Cornelia
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