Markklößchen und Knochenbrühe – Popeyes Superfood meets Paleo?

Es ist schon zum Schmunzeln: Vaters gute alte Knochenbrühe hat Karriere gemacht. Als sogenannte „Bone Broth“ ist die Suppe jetzt zum „Superfood“ der „Paleo“ Bewegung aufgestiegen. Wie bitte?

Was kochen an Bord? Rezepte für Smutjes und Kombüse
Steinzeit Puzzle mit zwei Teilen: Markknochen mit Knochenmark
Was kochen an Bord? Rezepte für Smutjes und Kombüse
Aus dem Mark und etwas Proviant werden köstliche Markklößchen

Es ist wirklich so. Unendliche Wunderkräfte werden der Brühe nachgesagt- sie ist somit auch die perfekte Stärkung für Segler, Popeyes und andere Landgänger.

In New York gibt es mittlerweile echte „Bone Broth“ Cafes. Die Leute stehen Schlange, um für einen Pappbecher Brühe „to go“ mindestens 5 USD zu zahlen. „Rethink your hot beverage“ lautet der Claim. Nun ja, es soll ja auch Leute geben, die 5 Bucks für einen verbrannt schmeckenden Cafe mit zu heiss geschäumter Milch bezahlen. Wer es mag.

Was kochen an Bord? Rezepte für Smutjes und Kombüse
Knochenbrühe. Das neue Superfood oder einfach schon immer gut?

Aber was ist nun dran an diesem Superfood?

Die Amerikaner loben Knochenbrühe in den höchsten Tönen. Ich zitiere: Knochenbrühe ist eine Goldmine an Mineralien, ein Gesundheitselexir für den Winter, ein Heiltrunk fürs Gedärm, ein echter Faltenkiller (sehr gut), sogar Cellulite Killer (noch besser!), Muskelaufbaupräparat, Detoxer, Entzündungshemmer, Immunsystembooster und so weiter.

Dem Collagen, der Gelatine, den Aminosäuren und den Mineralien Kalzium, Magnesium und Phosphor wird die magische Wirkung zugeschrieben.

Oder um es mit den Worten meines Vaters zu sagen: Bei Erkältung gibt’s ne gute Supp’! Und noch besser wird sie mit echten Markklößchen, die sind sozusagen ein Abfallprodukt.

Was kochen an Bord? Rezepte für Smutjes und Kombüse
Mark sanft auslassen, danach durch ein feines Sieb streichen
Was kochen an Bord? Rezepte für Smutjes und Kombüse
Abgezählt. Markklößchen in Kraftbrühe

Ich habe mir die Ingredienzen auf der New Yorker Speisekarte angesehen und genau die Zutaten entdeckt, die seit Generationen in Vaters Brühe hineingehören:

Suppenfleisch, Knochen, Wasser, Zwiebeln, Karotten, Sellerie, Petersilie, Lorbeer, Pfeffer und Meersalz sowie optional Ingwer, Tomate und Thymian.

Weiter wird dort geworben: Die Rinder wurden zu „100% mit Gras gefüttert“.

Bio Rind. Was kochen beim Segeln?
Merkt es euch: Ich bin eine glückliche Kuh, Veganer und esse kein Tiermehl!

Rinder sind Veganer!

Was eine Selbstverständlichkeit sein sollte, wurde von EU-Geschäftemachern in der Vergangenheit leider pervertiert. Rinder stehen normalerweise auf der Weide und fressen Gras, Klee, Lurzerne und Kräuter. Im Winter auch Heu und Silage (vergorenes Grünfutter). Die Wiederkäuer sind reine Pflanzenfresser, auf keinen Fall sollte Tiermehl an sie verfüttert werden.

Sollte! Doch an BSE, den unsäglichen Rinderwahnsinn, erinnern wir uns alle noch mit Schrecken. Die Seuche entstand vermutlich durch das Verfüttern von billigem Schafstiermehl aus Schlachtabfällen. Ich finde das ebenso krank wie Dioxin Hähnchen und stelle mir das so vor, als würde man Veganer mit Blutsuppe zwangsernähren. Und das alles nur aus Profit Gier. Gruselig.

In Folge dessen waren die Markknochen für Klößchen auch lange nicht erhältlich. BSE Fälle tauchen im Moment zwar nicht mehr auf, aber die Profitgier und die Nachfrage nach Billig-Fleisch ist leider nicht ausgerottet. Bitte beim Fleischeinkauf immer auf die Herkunft und die Fleischqualität achten.

Das Knochenmark, das heute verkauft wird, stammt nicht vom Rückenmark, sondern aus den Keulen und gilt als unbedenklich. Also stehen Markklößchen wieder auf meinem Speiseplan.

Und so wird die Superbrühe und die Markklößchen gekocht:

Bordrezepte fürs Segeln und Kombüse
Die Basiszutaten auf einen Blick!

Wie man eine gute Brühe kocht, habe ich schon im Meerrettich Rezept beschrieben. Deshalb das Wichtigste nur in der Kurzfassung. Aus den oben fett aufgelisteten Zutaten wird die Brühe wie folgt zubereitet:

Knochen und Fleisch waschen, Zwiebel ohne Fett anrösten, Fleisch und Knochen mit Wurzelgemüse und Gewürzen kalt aufsetzen und ca. 3 Stunden leise gar köcheln. Zwischendrin immer wieder das graue Eiweiß abschöpfen. Am Ende das Fleisch herausnehmen, Gemüse wegwerfen und durch ein sauberes Küchentuch abseihen. Suppe weiter einreduzieren, gegebenenfalls abschmecken und je nach gewünschtem Kurs aromatisieren.

Und jetzt kommen wir zu der Hauptattraktion: Den Markklößchen

Das fetthaltige Knochenmark wird automatisch mitgeliefert, wenn man Beinscheiben und Suppenknochen für die Brühe einkauft. Mark wird ähnlich wie Speck ausgelassen. Damit es durch das Blut beim Erhitzen nicht grau wird, kann es vor der Zubereitung noch gewässert werden.

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So unwiderstehlich. Eins wurde schon aufgegessen. 😉

Tipp: Wer sich mit echtem Mark partout nicht wohlfühlt, kann auch „Falsche Markklößchen“ kochen, man schmeckt kaum einen Unterschied. Das Rezept steht am Ende des Beitrags.

Die Zubereitung der Markklößchen ist ganz einfach, aber zuerst die Zutatenliste. Mit genauen Mengenangaben ist es etwas schwierig, weil es sich nie genau voraussagen lässt, wie viel Mark genau in den Knochen steckt.

Hier also die „Hausnummer“ für ca. 30 Klößchen:

  • 2 – 3 Markknochen, gibt ca 100g – 120g Mark
  • 1 trockenes Brötchen oder vergleichbare Menge an Weiß- oder Toastbrot
  • Etwas Milch
  • Frische Petersilie, gehackt
  • 1 kleine Zwiebel oder Schalotte, fein gewürfelt
  • 1 – 2 Eier, je nach Größe
  • 100 – 120 g Paniermehl
  • 1/2 TL Salz, Pfeffer
  • viel Muskatnuss
  • optional: etwas Abrieb von einer Bio-Zitrone

Und hier geht es zur Zubereitung:

Das Brot mit Milch (notfalls Wasser) in einer kleinen Schüssel einweichen. Herausnehmen, gut ausdrücken und zerpflücken und wieder in die Schüssel geben.

Das Mark aus den rohen Knochen herausdrücken. Wenn es nicht will, hilft heisses Wasser. Gut abwaschen, denn es können noch Knochensplitter daran haften. Das Mark grob zerkleinern und in einem kleinen Pfännchen langsam auslassen. Es bleibt am Ende fast nur pures Fett übrig.

Das flüssige Mark nun durch ein feines Sieb in die Brötchenmasse drücken. Gräuliche Blutreste und Knochensplitter werden dadurch entfernt.

Die fein gehackte Zwiebel in dem fettigen Markpfännchen andünsten, mit viel Pfeffer, Muskat und Salz abschmecken. Petersilie mit dazugeben. Es darf leicht überwürzt werden, das „versuppt“ später beim Kochen.

Optionaler Tipp: Mit ein wenig Abrieb einer Bio-Zitronenschale schmecken die Klößchen etwas frischer und „moderner“.

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Kräftig würzen und Muskatnuss nicht vergessen!

Zwiebel/Petersilienmischung, das Ei/Eier zum Mark und den Brötchen geben und alles gut verkneten. Die Masse ist jetzt noch sehr weich, deshalb nach und nach soviel Paniermehl dazugeben, bis sie sich gut formen lässt. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt. Zuviel Paniermehl kann die Klößchen zu hart werden lassen, zu wenig lässt sie beim Kochen auseinanderfallen. In meinem Fall war die fertige Masse noch ziemlich weich, die gegarten Klößchen dafür recht locker.

Die Masse etwas ruhen lassen. Idealerweise im Kühlschrank, dann wird sie durch das kalte Fett auch wieder etwas fester.

Was kochen an Bord? Rezepte für Smutjes und Kombüse
Die rohen Klösschen lassen sich auch gut einfrieren
Was kochen an Bord? Rezepte für Smutjes und Kombüse
Probeklößchen gekocht. Es geht auf und hält zusammen

Nach einer halben Stunde ein Probeklößchen rollen und in der Brühe vorsichtig gar sieden. Wenn das Klößchen nach oben kommt, ist es gut (ca 7-10 Minuten). Falls das Klößchen zerkocht, noch mehr Paniermehl untermischen.

Was kochen an Bord? Rezepte für Smutjes und Kombüse
Wenn sie nach oben kommen, sind sie gut

Jetzt aus der Masse gut 30 Klößchen von ca 1,5 cm Durchmesser rollen. Raue Segler-Hände sind hinterher gut eingefettet. 😉

Fertigstellen der Markklößchensuppe:

Für zwei Personen etwa 12 Klößchen in der Suppe gar ziehen lassen. Aus dem restlichen Suppengrün eine feine Julienne als Einlage schneiden. Falls das Suppenfleisch nicht zu zerkocht ist, kann man daraus noch feine Würfel schneiden. Die Markklößchen gar ziehen lassen. Mit Petersilie bestreuen, mit frischer Muskatnuss abschmecken, Klößchen abzählen und servieren.

Tipp: Die Klößchen kann man roh gut auf Vorrat einfrieren. Tiefgefrorene Klößchen können später direkt in die Suppe gegeben werden.

Rezept Falsche Markklößchen – Variante ohne Mark

In dieser Variante wird das Mark einfach durch die gleiche Menge geschmolzene Butter ersetzt. Für etwas mehr Fleischgeschmack gebe ich einen Teelöffel Demi Glace zur Masse. Der Unterschied ist wirklich kaum zu schmecken. Und jetzt ran an die Suppentöpfe, ihr Popeyes!

Werkzeuge: Suppentopf, Pfännchen, Messer, Brett, Schüsselchen,  feines Sieb

10 Kommentare zu „Markklößchen und Knochenbrühe – Popeyes Superfood meets Paleo?

  1. Arrgh! Was für ein Thema! Paleo… Weit hergeholte Theorien, aber wenn schee macht.
    Das mit den Falten muss ich mir merken, ich gehe morgen mal gleich Knochen einkaufen.

    Aber zu den Rindern noch etwas: wenn geworben wird 100% grass fed, dann muss das nicht heißen, dass die anderen Steaks von tiermehlgefütterten Rindern kommen.
    Der Unterschied nennt sich dann grass fed gegenüber grain fed, und das macht trotz in beiden Fällen 100% Vegetarismus (Veganer sind Rinder bestimmt nicht, die fressen haufenweise Insekten mit und hängen auch sonst keinen religiösen Vorstellungen an 😉 ) einen Unterschied, grain feds kommen nämlich in getreidefutterbasierende Maststationen, werden viel schneller aufgezogen und das Fleisch ist daher nicht ganz so gut. Vorsichtig ausgedrückt. Ich habe aber zum Beispiel in Australien sehr gute grain fed Fleischqualitäten erlebt .

    Es macht aber durchaus Sinn, die Betonung auf Grasfütterung zu legen – das ist mit Sicherheit dann wirklich gutes Fleisch.

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    1. Ach weißt du, da ich mich über viele Trends immer wieder amüsiere, fand ich die Vorstellung so nett, die Pflanzenfresser als Veganer zu bezeichnen. Denn vorsätzlich essen sie doch wirklich keine Tiere? Und die Tiermehl Verfütterei finde ich wirklich schlimm. Ich bin ja eher Flexitarier. ( d.h.ich esse alles außer Schnecken)

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    1. Hallo Annette, nein natürlich nicht, da die Brühe einfachzu lange braucht. Gasverbrauch und so;-) Aber die Zutaten sind alle so Basic, so dass man es an einem Hafentag machen könnte. Die Fake Klöße habe ich aber schon an Bord gemacht, denn Butter, Mehl, alte Brötchen und ein paar Gewürze habe ich immer gebunkert.

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      1. Hi!

        Mag vielleicht ein Kunstfehler sein, aber ich fertige natürlich Brühen bzw. Suppengrundlagen an Bord – allerdings bemühe ich den Dampfdrucktopf. Ich sagte ja schon mal, ich kann Mahlzeiten zubereiten, „Kochen“ ist nicht meins.
        Zumindest auf einem größeren Schiff mit größeren Gasvorräten (11 kg für ein halbes Jahr) sind Brühen kein Problem, und ich finde sie allemal besser als die käuflichen Suppenkonzentrate (die es natürlich bei uns an Bord auch gibt).

        Ich habe max. je 6 Gläser Rind und Huhn vorrätig, mehr kann frau nicht stauen.
        Ich kenne aber auch Boote, die zum Beispiel Fischfonds aus den Resten der verabreichten Fische machen, das ist ein Traum – aber wirklich nur etwas für GROSSE Schiffe, wo man mit Abzug und Furz und Feuerstein wirtschaftet.

        ————————
        Um jetzt allen Unernstes nochmal auf Veganismus einzugehen: die verspeisen natürlich auch massenweise Lebewesen…

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    1. Mache ich auch nicht. Wie im gekörnte Brühe Artikel geschrieben,ist das was für den Winterschlaf (WInterlagerzeit). Und vor Dampfkochtöpfen habe ich Angst. Auf winzigen 7m Booten oder auch zu Hause… LG Cornelia

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  2. Also ich nehme das Mark auch ohne Klößchen – pur darf das in der Brühe schwimmen. Wenn meine Oma eine Rindssuppe machte, wurden immer Markknochen verwendet und die Markstückchen versteckten sich zwischen Fleisch und Gemüse. Ich hab die immer schon rausgefischt, bevor die Suppe auf den Tisch kam 🙂 Übrigens geröstetes Mark ist auch toll – bei Onglet Gascogne ‚gehört‘ das aufs Steak oben drauf.

    LG
    Tommy

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