Kassler auf Kraut – sauer macht lustig, gesund und überaus lebendig

Nomen est Omen. Wohl nicht zuletzt dank Sauerkraut wurde Captain Cook (Kapitän Koch) der bedeutendste Seefahrer in der Entdeckungsgeschichte. Und hier die ganze Geschichte: Bis zum 18. Jahrhundert fürchteten Seefahrer nicht Piraten, Wind, Wellen oder Kannibalen – die größte Angst hatten die Seemänner vor Skorbut.

Von der Krankheit (lat. „scorbutus“ „Mundfäule“) wurden damals ganze Seemannschaften dahingerafft. Bei Vasco da Gamas erster Indien-Expedition (1497-1498) starben sogar 100 von 160 Seeleuten daran. Lange Zeit hielt man Skorbut für eine ansteckende Krankheit.

Sauerkraut gut gegen Skorbut
Sauerkraut – ein Wundermittel, das viele Leben hätte retten können

Erst viel später wurde entdeckt, dass die Krankheit mit der Ernährung zusammenhängt. Bekommt der Körper über längere Zeit kein Vitamin C zugeführt, kann er kein Kollagen produzieren. Dieser Eiweißstoff stützt das Bindegewebe im Körper. Fehlt dieser Stoff entzündet sich das Zahnfleisch, die Adern reißen auf, die Nase blutet, als typische erste Symptome für Skorbut – eine grausame Krankheit, die damals für viele Seeleute tödlich endete.

Um 1750 wurde endlich das haltbare Vitamin-C-reiche Sauerkraut als wirksames Gegenmittel entdeckt. Dank Sauerkraut konnte Captain James Cook die Krankheit vollständig von seinem Schiff verbannen. Fortan wurde kein einziger Matrose mehr an Skorbut verloren. Seit es Sauerkrautfässer an Bord von Segelschiffen gibt, gilt die Seefahrerseuche als besiegt. Weitere Reisen und Expeditionen wurden dadurch erst möglich gemacht.

Allerdings musste damals Sauerkraut den Seeleuten noch regelrecht eingeprügelt werden. Sauerkrautverweigerer sollen auch schon mal am Mast festgesetzt und mit der Neunschwänzigen zum Verzehr „überredet“ worden sein. Ein weiterer Trick war auch, Sauerkraut als Offiziersessen zu deklarieren. Was die Begehrlichkeit bei der Seemannschaft deutlich erhöhte.

Die Stimmung soll in Captain Cooks Kapitänsmesse und an Bord fortan bestens gewesen sein, denn sauer macht nicht nur lustig, sondern hält vor allem auch gesund. Vitamin C, also Ascorbinsäure bedeutet übrigens „Vermeidung von Skorbut“. Und wieder was gelernt.

Auch heute noch ist Sauerkraut eines der wenigen Gemüse, das in der Dose wirklich knackig frisch bleibt und nicht an Geschmack verliert. Somit ist Sauerkraut der perfekte Proviant für längere Törns.

Mit diesem Rezept muss das Sauerkraut garantiert nicht in die Mannschaft hineingeprügelt werden: Denn es schmeckt schön mild und nicht zu sauer.

Die Zutaten für 2 Personen Sauerkraut mit Kassler

  • 500g frisches Sauerkraut (aus der Dose oder frisch vom Markt)
  • 2-3 Esslöffel Öl oder Schmalz
  • 200 ml Weißwein oder Wasser
  • 2 Esslöffel weißer Balsamico oder Essig (nach Geschmack, optional)
  • 1 Esslöffel Zucker
  • 1 Apfel, entkernt, geschält
  • 1 daumengroßes Stück Ingwer
  • Salz, Pfeffer aus der Mühle
  • 1 Zwiebel
  • 2 Lorbeerblätter
  • 5-10 Wacholderbeeren
  • 1-2 Nelken
  • 500g – 600 g geräuchertes Kassler vom guten Schlachter

Dazu: Senf je nach Geschmack, Bratkartoffeln oder Stampf

Und so einfach ist die Zubereitung:

Die Zwiebel schälen und würfeln. Den Apfel entkernen und ebenfalls klein schneiden. Ingwer fein hacken.

Zwiebel und den Apfel in Öl oder Schmalz in einem ausreichend großen Topf glasig anbraten. Mit dem Sauerkraut vermischen und mit Weißwein oder Wasser ablöschen. Alle anderen Gewürze dazugeben und etwa eine Stunde sanft köcheln lassen. Wenn das Sauerkraut fast fertig ist, das Kassler auf das Kraut legen und zugedeckt sanft mitziehen lassen. Das Sauerkraut bekommt so zusätzlich ein feines Kassler Aroma.

Tipp: Ich habe das Kassler vorher in Scheiben geschnitten, so war es nach max. 10 Minuten durch und trotzdem kein bisschen trocken. Das Sauerkraut gegebenenfalls noch einmal abschmecken.

Und diese Senf Varianten musste ich einfach dazu servieren: Löwensenf, Estragon Senf und eine dänische Variante. Original Bautzener habe ich leider nicht bekommen.

Werkzeuge: Mittlerer Topf mit Deckel, Messer, Schneidebrett

verschiedene Senfgläser und Sorten
Eine gut sortierte Senfbar gehört immer dazu

Und auch etwas Hintergrundwissen zum Kassler:

Pökelfleisch ist die traditionelle Seefahrernahrung und somit perfekte Ergänzung zum Kraut. Kassler ist eine gepökelte und leicht geräucherte Fleischspezialität aus Schweinefleisch. In Österreich ist es auch als “Selchkarree” bekannt und in der Schweiz kennt man es als “geräuchertes Rippli.

Kassler kann aus dem Rippenstück, Nacken, Schulter und aus dem Bauchfleisch des Schweins hergestellt werden. Das Fleisch wird zunächst in Pökellake eingelegt, alternativ wird die Pökellake auch direkt in das Fleisch eingespritzt. Nach der Pökelung wird das Kassler kurz kalt geräuchert. Vor dem Verzehr muss Kasseler trotzdem noch gegart werden. Da das Fleisch durch die Herstellung schon vorgegart ist, braucht es jetzt nur noch relativ kurze Garzeiten.

Aufpassen: Vor allem mageres Kassler kann schnell trocken werden. Am besten gelingt Kassler, wenn es schonend bei Temperaturen um die 80°C gegart wird, wie zum Beispiel auf Kraut. Dazu passt ein kräftiger Riesling oder natürlich Bier.

Kassler roh
Zart rosa, saftig und mild gepökelt. So muss Kassler sein

Tipp: Falls noch etwas vom Kraut und vom Kassler übrigbleibt, kann daraus am nächsten Tag mit nur einer Zwiebel, etwas Speck, Nudeln oder Schupfnudeln/Gnocchi eine schöne Kraut-Nudel-Pfanne gebrutzelt werden. Dazu Kassler, Speck und Zwiebeln würfeln und zusammen mit den Schupfnudeln oder den gegarten Nudeln anbraten. Kraut dazugeben und mit etwas Schmand/Creme Fraiche und frischer Petersilie toppen.

Schupfnudeln Sauerkraut Was kochen beim Segeln?
Tipp: Das perfekte Resteessen am nächsten Tag: Kraut-Nudel-Pfanne

8 Kommentare zu „Kassler auf Kraut – sauer macht lustig, gesund und überaus lebendig

  1. Köstlich, köstlich, der lehrreiche Beitrag so witzig, wie das Menue lecker. Mein Küchenpersonal wie auch ich, der Chefkoch,essen es oft und sehr gerne, auch mal ungekocht als Zwischensnack. Bei Cornelia macht die Lektüre immer Spaß.L.G.

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    1. Oh danke. Ich wusste das auch nicht mit dem Skorbut und der Ascorbinsäure. Kraut kann so lecker sein. LG Cornelia

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  2. Ich glaube, es gibt Nachholbedarf in marinehistorischer Literatur…

    Übrigens ist das MEIN Rezept (mehr oder weniger). Ich begrabe in moderateren (daher backofengeeigneten) Gegenden auch gern mal ein Fischfilet darunter und schiebe es in den Ofen. Und dann erst mal als „Dzege“…
    Eine Schweizer Sauerkrautwähe am Strand der indonesischen Insel Flores beim Potluck mit der halben Südhalbkugel … Rebecca/Australia: „I did not know that I would like sauerkraut in any form…“.

    Sauerkraut macht immer Spaß

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  3. Also, öhm – der Nachholbedarf auf Eurer Seite 😉
    Selbst Patrick O’Brian hat’s mit den Vitamin-C-Gaben.
    Aber die coolen Logbücher vom Herrn Cook sind wirklich interessant (von Herrn Grenfelle zusammengetragen und in Deutsch erschienen bei Erdmann/Thieme!)

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    1. Hallo Andrea, marinehistorische Literatur ist bei mir immer willkommen. Die Logbücher von Herrn Cook werde ich schnellstens nachholen. Und den Herrn O’Brian ebenfalls nachschlagen. Wobei mein absolutes Lieblingsbuch „Die Meuterei auf der Bounty“ von Nordhoff/Hall ist. Vor allem Teil 2 „Schiff ohne Hafen“ hat es mir angetan. Das Scheitern auf Pitcairn, Tahiti und und und… Hach, ich muss das mal wieder lesen.

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    1. Oh, danke. Das hoffe ich auch. Jeder Beitrag ist immer eine schwere Geburt. Was kommt rein, was lasse ich weg? Aber die Welt ist zum Glück voller Köstlichkeiten. Lg cornelia

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